Mittwoch, 19. Juni 2024

Tag 54 - Bye bye Vegas!

Nach 54 Tagen voller Abenteuer heißt es nun Abschied nehmen. Der morgendliche Himmel begrüßt uns gewohnt wolkenverhangen, sodass wir uns einen morgendlichen Spaziergang am Strand klemmen und lieber in Ruhe die verbliebenen Sachen zusammenpacken. Gegen um acht wird noch ein letztes Mal gedumpt und dann geht es auf zur Road-Bear-Station, wo wir wenige Minuten nach neun Uhr eintreffen.

Wie erwartet erfolgt die Rückgabe des Campers ohne bedeutende Schwierigkeiten. Lediglich für den linken Vorderreifen, der uns mit ausnehmend hoher Wahrscheinlichkeit bereits in beschädigtem Zustand überlassen wurde, wollen die Straßenbären nun 200,00 EUR abrechnen. Hier vor Ort bringt eine Diskussion ohnehin nichts, sodass wir die angekündigte Kreditkartenbelastung kommentarlos zur Kenntnis nehmen, einen heißen Kakao schlürfen und uns anschließend per Shuttle zum Flughafen bringen lassen.

Lufthansatypisch hat unser Flieger etwa eine Stunde Verspätung, sodass wir mehr als ausreichend Zeit haben, die Koffer aufzugeben, zwei Blog-Beiträge zu verfassen und Sophia mit Schokolade vollzustopfen. Gegen 15:00 Uhr dürfen wir dann das Flugzeug betreten, das sich alsbald in die Lüfte erhebt. Beim letzten Blick auf das wolkenverhangene Los Angeles überrascht mich Lisa noch mit einem markigen "Bye bye Vegas!", was ich verabsäume, mit einem "See you soon Cameroon!" zu kontern. Offenbar wusste sie tatsächlich die ganze Zeit über nicht, wo wir eigentlich Urlaub machen.

Die gut 10-stündige Flugzeit geht dann gewohnt zäh mit Filme schauen, Musik hören und Minesweeper spielen vorüber, wo ich es mittlerweile mit einer Expertenzeit von unter drei Minuten zur Meisterschaft gebracht habe. Das einzige berichtenswerte Ereignis während des Fluges ist ein erneuter medizinischer Notfall an Bord, der uns fast das Frühstück gekostet hätte. Etwa vier Stunden vor Landung liegt aus unbekannter Ursache plötzlich irgendeine Dame vor den hinteren Toiletten rum, blockiert dabei zwei Aborte und nimmt fortan bis zur Landung drei Flugbegleiter in Anspruch, die sich dazu verpflichtet fühlen, sinnlos um sie herumzustehen und sich hilfesuchend umzuschauen. Weil man aber nicht gleichzeitig beschäftigungsfrei herumstehen und Frühstück austeilen kann, wird selbiges vom restlichen Personal erst eine halbe Stunde vor der Landung bewerkstelligt, was ein hastiges Würgemahl zur Folge hat.

Sei es wie es sei. Kurz nach 12:00 Uhr Ortszeit erreichen wir schließlich Frankfurt und nachdem einige Sanitäter sich um den Notfall gekümmert haben, dürfen wir dann gegen viertel vor eins auch das Flugzeug verlassen. Hier erwarten uns die für deutsche Flughäfen typischen Busse in gewohnt unzureichender Zahl, sodass wir wie die Heringe zusammengequetscht noch zwanzig Minuten diverse Highlights der Flughafeninfrastruktur bestaunen dürfen. Verstehen tue ich es nicht. Angeblich sind wir Deutschen ja die absoluten Planungsfüchse. Aber beim Thema Flughafen ist die Idee scheinbar immer: "Rollfeld bauen wir hier hin. Flughafengebäude lieber 30 Kilometer weiter drüben, damit die Wege schön lang sind." Kenne ich so aus keinem anderen Land. Komfortabel ist sicherlich anders.

Der letzte Flug geht schließlich auch irgendwann vorüber und gegen 16:30 Uhr erblicken wir dann doch endlich Frank, der offenbar seinen ganzen Nachmittag auf den VIP-Parkplätzen unmittelbar vor dem Flughafengebäude verbracht hat und dafür nun 56,00 EUR löhnen darf. Eine Stunde später erreichen wir unser Zuhause, wo wir mit einer wunderschönen neuen Einfahrt, einem prächtig gewachsenen Garten und großflächigen Willkommensplakaten an der Haustür empfangen werden. So kommt man doch wirklich gern zurück in die Heimat!

Montag, 17. Juni 2024

Tag 53 - Versöhnlicher Abschluss

Unser letzter richtiger Urlaubstag vor der Rückreise beginnt wie üblich mit einem Blick aus dem Fenster - und der Erkenntnis, dass das Wetter nur minimal besser ist als gestern. Es ist zwar relativ mild und regnet nicht, aber von einer tollen Aussicht kann leider immer noch nicht die Rede sein. Aber zumindest ist das Meer heute überhaupt wieder sichtbar, sodass wir erneut draußen frühstücken.

Wir haben heute nochmal eine lange Fahrt vor uns, immerhin müssen wir unser Wohnmobil morgen früh wieder in Los Angeles abgeben. Damit der Weg dahin nicht zu langweilig wird, haben wir ein paar Zwischenstopps eingeplant. Den ersten legen wir schon nach wenigen Minuten am Sand Dollar Beach ein. Am Strand angekommen, begrüßt uns ein wunderschönes Steintürmchen, das wir direkt fotografieren. Wir haben uns erst wenige Meter weiter in Richtung Meer bewegt, als wir hinter uns plötzlich Steine klappern hören. Der Blick zurück verrät: Das tolle Türmchen ist einfach umgefallen! Dabei haben wir es nicht mal berührt... Wir spazieren eine Weile am Strand entlang und genießen nochmal die frische Meeresbrise. 

Inzwischen lässt sich auch vereinzelt mal blauer Himmel zwischen den grauen Wolken blicken, wobei unsere Augen eher auf den Sand gerichtet sind: Wir wollen natürlich auch einen Sanddollar finden, wenn wir schon mal hier sind. Und wir haben Glück (bzw. ich hab gute Augen)! 

Genau genommen sind es nicht die Tiere selbst, die man hier am Strand finden kann, sondern die übrig gebliebenen Skelette. Auf jeden Fall sehen sie aber cool aus mit dem Muster. Wäre ein tolles Andenken, aber wir lassen ihn natürlich am Strand zurück. Sonst hätte unsere Junior Rangerin bestimmt auch protestiert...

Zurück am Parkplatz wundern wir uns, dass hier immer mehr Familien und Gruppen ankommen, die sich vollbepackt inklusive Picknickdecken und Kühlboxen auf den Weg zum Strand begeben. So gemütlich war es da unten nun auch nicht und allzu viel Sand, in dem man sich niederlassen könnte, haben wir auch nicht gesehen. Aber so erklärt sich immerhin, warum man hier für einen Aufenthalt am Strand bezahlen soll, wenn manche den ganzen Tag hier verbringen... 

Wir dagegen verbringen unseren Tag lieber im Auto sitzend. Naja, nicht wirklich, aber muss halt heute sein. Während wir dem Highway 1 Richtung Süden folgen, zeigt sich tatsächlich immer öfter die Sonne, sodass wir einen weiteren Halt beim Ragged Point einlegen. Und siehe da: Tatsächlich ist uns doch noch ein Blick auf die sonnenbeschienene Küste vergönnt!

 
Na das ist doch mal ein versöhnlicher Abschluss! 

Nun kommt aber wirklich eine längere Fahrtetappe, deren einzige Unterbrechung ein von mir langerwarteter zweiter Besuch bei Olive Garden ist. Zwar ist uns nicht ganz klar, warum es die Gnocchi & Chicken Soup hier ohne Gnocchi und Hähnchenfleisch gibt, aber sie schmeckt trotzdem und wir sind gestärkt für die letzten Meilen.

Als wir am Abend auf unserem Campingplatz ankommen, steht eine weitere unbeliebte Aufgabe bevor: Koffer packen. Hier überlassen wir gern Christoph den Hauptteil der Arbeit, der alles in die Koffer quetschen darf, während wir Mädels nur die Sachen zum Einpacken bereitlegen. Dabei heißt es gleich noch Abschied nehmen, z. B. von meinen Wanderschuhen, die nach mehreren USA-Reisen, unzähligen Wanderkilometern und zwischenzeitlich auch noch diversen Einsätzen beim Hausbau leider nicht mehr zu gebrauchen sind. Sophias Sandalen bleiben aufgrund stetigen Fußwachstums ebenfalls gleich hier. Aber so passt wenigstens alles problemlos in die Koffer, trotz Andenken und Mitbringsel. Ich hüpfe nochmal schnell unter die Dusche, nachdem ich unsere extra fürs Duschen umgetauschten Quarters im Shop wieder in Dollarscheine zurückgetauscht habe, weil man hier zum Duschen Token braucht, die man an einem Automaten kaufen kann, der nur Scheine annimmt. Was freue ich mich da aufs unkomplizierte Duschen zu Hause! Nun aber schnell ins Bett und nochmal Kräfte sammeln für die lange Heimreise... 

Donnerstag, 13. Juni 2024

Tag 52 - Planlos im Nebel

Am drittletzten Tag dieser Reise steht tatsächlich überhaupt nichts auf unserer Agenda. Nach ursprünglicher Planung wären wir eigentlich das schönste Stück des Highway 1 von Monterey bis San Simeon entlanggefahren, doch dieser ist leider noch immer wegen mehreren Erdrutschen gesperrt. Dahingehend haben wir einen zusätzlichen Tag gewonnen, den wir in schnödes Nichtstun investieren. Mein morgendlicher Blick aus dem Schlafzimmerfenster verrät indes, dass hierdurch nicht viel verloren geht: Die Küste versinkt im tiefen Nebel. Und ob wir nun hier oder 50 Meilen weiter nördlich nichts sehen, ist letzten Endes auch egal.


Also heißt es statt des üblicherweise straffen Programms heute mal Müßiggang. Wir schlafen aus, frühstücken lange und beobachten fasziniert die obskure endemische Fauna, bestehend aus einem räudigen Vogel, einer flugunfähigen Biene und einem dreiohrigen Hasen.



Als sich gegen Mittag noch immer keine Sonne zeigt, beschließen wir, zum Strand zu spazieren, was sich schwieriger als gedacht gestaltet. Erst muss ich Sophia zu ihrem Missfallen gewaltsam in meine Richtung reißen, damit sie nicht einer böse guckenden Schlange zum Opfer fällt.


Dann müssen wir uns durch einen völlig zugewucherten Trail kämpfen, dessen Randbegrünung uns fortwährend ins Gesicht peitscht.


Und der Lohn der Strapazen vermag auch nur bedingt zu überzeugen.



Bei Sonnenschein kann das sicher ganz schön aussehen. So aber erinnert es eher an die Vergänglichkeit allen Seins.

Also wieder hoch zum Wohnmobil mit dem Plan gen Süden zu reisen, bis sich endlich wieder die Sonne oder zumindest ein LTE-Signal zeigt, damit wir wahlweise etwas unternehmen oder die ausstehenden Blog-Beiträge finalisieren können. Nach etwa 45 Minuten entscheidet LTE das Rennen an einer Seeelefantenkolonie klar für sich. Im Wechsel beobachtet jeweils einer von uns mit Sophia die Tierchen, während der andere seine Beiträge fertigstellt. Es ist schon wirklich lustig, wie die Viecher sich mit Dreck bewerfen, rumbrüllen und hin- und herschwabbeln. Wenn sie nur etwas besser riechen würden...




Und mehr geschieht dann auch nicht wirklich. Essensreste verzehren, Rummikub spielen, lesen - wir gehen alles etwas ruhiger an. Nach diesem wilden Ritt über mehr als sieben Wochen lassen wir das Erlebte noch einmal Revue passieren und sind dankbar für die unfassbar vielen tollen Momente, an die wir sicherlich noch lange mit einem Lächeln zurückdenken werden. Und ein kleines bisschen freuen wir uns auch schon darauf, bald wieder zu Hause zu sein...

Tag 51 - Der letzte Aufstieg

Nach dem Aufwachen am heutigen Morgen stellen wir zwei Dinge fest: Erstens ist es noch neblig und zweitens wird unser Stellplatz belagert - von Truthähnen!

Glücklicherweise lässt uns das Federvieh aber nach einigen Diskussionen doch passieren, sodass wir kurze Zeit später auf dem recht kleinen Parkplatz am Trailhead stehen. Da es heute wieder heiß werden soll und wir zudem nach der Wanderung noch einiges vorhaben, starten wir sehr zeitig zu unserer letzten großen Runde. Sophia durfte entscheiden, in welcher Richtung wir den Loop laufen, was natürlich bedeutet, dass wir die Höhlen gleich am Anfang der Wanderung durchschreiten werden. Der Weg führt zunächst durch ein Waldstück, in dem es noch recht frisch ist, bevor wir schon nach kurzer Zeit in Richtung der Höhlen abbiegen. Die Abzweigung ist komischerweise von einer Schranke blockiert, aber da diese ohne Weiteres umgangen werden kann und auch keine Hinweise dranstehen, gehen wir weiter. Allzu weit kommen wir aber leider nicht: Nach kurzem Steinehüpfen, um das kleine Bächlein zu umgehen, stehen wir vor einem verschlossenen Tor. Auch hier kein Hinweis zur Ursache, aber in jedem Fall kommen wir nicht durch. Unsere Vermutung: Ein Ranger hat festgestellt, dass es aufgrund des vielen Wassers etwas rutschig ist und da es hier offenbar nahezu kein Personal gibt, wurden die Höhlen kurzerhand geschlossen, um zusätzliche Arbeit zu vermeiden. Nächste Kontrolle dann vermutlich in vier Wochen, wenn mal wieder jemand Zeit dafür hat...

Gut, ist auch kein Untergang, nur eine kleine Enttäuschung. Wir nehmen einen anderen Weg und brauchen nicht lange bis zum etwas weiter oben gelegenen Reservoir. Hier kommt schon die Sonne raus und wir lassen uns erstmal für unser Frühstück nieder. Ein freches Streifenhörnchen sorgt nebenbei für etwas Unterhaltung.

Weiter geht es auf dem Weg nach oben, wo die Vegetation immer spärlicher wird. So langsam entdeckt man auch die ersten Felsnadeln, denen der Pinnacles National Park seinen Namen verdankt. Am ehesten erinnert die Umgebung an die Sächsische Schweiz. Der Aufstieg ist heute im Vergleich zu unseren letzten Wanderungen ganz gut machbar, da er recht gemächlich verläuft. Keine übermäßig steilen Passagen und vor allem keine Treppen. Mit nachlassender Begrünung und zunehmender Sonne wird es allerdings trotzdem ganz schön warm und schwitzig, sodass wir uns oben angekommen erstmal einen Aussichtspunkt für eine weitere Pause suchen.

Weiter geht es nun auf dem Kamm entlang, um alle drei Peaks zu bestaunen. Dazwischen klettern wir über in den Stein gehauene Stufen und an Geländern entlang - endlich mal ein bisschen Action!

Der Weg zurück nach unten zieht sich dann ewig hin und die Sonne brennt inzwischen erbarmungslos. Da sind wir wirklich froh, dass wir so früh gestartet sind. Sophia findet den Rückweg auch nur mäßig spannend und verlangt daher nach steter Beschäftigung, die wie üblich aus Rollenspielen besteht. Nachdem sich in den letzten Tagen ja mehrfach unsere Hände miteinander unterhalten haben und sie heute Vormittag eine Mischung aus Baby, Kleinkind und Hund war, hat sie sich nun etwas ganz Neues ausgedacht: Ich bin Hacki (ja, ihre linke Hacke) und habe Fragen zu stellen und Dinge zu erklären. Falls das jemand mal versuchen will, kann ich berichten, dass es schwierig ist, hackenbezogene Themen zu finden, die man mit einer Sechsjährigen besprechen kann...

Nächster Punkt auf der Agenda: Junior Ranger. Der Mitarbeiter im Store meinte gestern, das Buch dazu bekomme man nur am Eingangshäuschen. Das kommt uns komisch vor, daher fragen wir sicherheitshalber nochmal im Book Store nach, weil er auf dem Weg liegt. Dortige Aussage: Das Buch bekommt man wirklich am Eingangshaus und den Anstecker gibt es direkt dazu. Das finden wir ganz praktisch, dann können wir das Heft später ausfüllen und erstmal ein paar Meilen hinter uns bringen. Sophia findet das richtig doof und wir verbringen den fünfminütigen Fahrweg bis zum Eingang damit, sie zu beruhigen. Am Häuschen dann aber die nächste Enttäuschung: Wie schon gestern Abend ist das Haus geschlossen und kein Ranger in Sicht. Passt irgendwie zu unserem bisherigen Eindruck, dass man den Park hier aufgegeben und einfach sich selbst überlassen hat. Schade, dann gibt es leider kein weiteres Junior-Ranger-Abzeichen für Sophia.

Es folgt eine weitere längere Fahrt, dieses Mal in Richtung Küste. Den bereits bekannten vertrockneten Hügeln folgen erneut Obstanbaugebiete, bevor die Landschaft wieder grüner und blühender wird. Irgendwann ist sogar wieder Internet verfügbar, welches uns verrät, dass das einzige ansprechende Restaurant, an dem wir gegen 15:30 Uhr ankommen werden, zwischen 15 und 17 Uhr geschlossen hat. Ist aber halb so wild, da es sich direkt am Strand befindet.

Ein Parkplatz am Straßenrand ist zum Glück schnell gefunden, von dem aus wir uns zum Meer begeben. Zuletzt auf Hawaii gesehen, sieht der Pazifik hier wesentlich ungemütlicher aus. Es ist auch recht frisch, aber wir hatten auch nicht mit einem Bad gerechnet. Direkt vor uns sonnt sich eine faule Robbe auf den Felsen und die Steine am Strand sind unglaublich bunt.

Pünktlich um 5 finden wir uns am Restaurant ein, wo wir uns tatsächlich in einer längeren Schlange anstellen müssen. Scheint ja sehr beliebt zu sein. Es schmeckt jedenfalls wunderbar und wir essen endlich mal wieder etwas anderes als Burger und Pommes.

Nun bleiben noch ein paar Meilen auf dem Highway 1, der ja eigentlich für seine tollen Küstenausblicke bekannt ist. Leider bildet sich bereits wieder Nebel an der Küstenlinie, sodass sich die Ausblicke in Grenzen halten. So ergeht es uns am Ende auch auf unserem Campingplatz, der direkt an der Steilküste gelegen ist. Man kann den wundervollen Ausblick nur erahnen, den wir von unserem Tisch aus haben könnten, wenn das Wetter mitspielen würde. Vielleicht haben wir ja morgen mehr Glück. 

Mittwoch, 12. Juni 2024

Tag 50 - Ist das alles?

Gegen 7:00 Uhr schälen wir uns aus den Betten und starten sofort die Motoren, um noch einen der begehrten und daher schnell besetzten Parkplätze am Giant Forest Museum in Beschlag nehmen zu können. Das klappt ohne Weiteres und nach einem leckeren Frühstück und der gebotenen Morgenhygiene stehen wir auch bereits an der Shuttlebus-Haltestelle. Der Plan ist, sich hier am Vormittag noch ein bisschen die Füße zu vertreten, da uns heute eine längere Fahrstrecke erwartet.

Die positive Shuttle-Erfahrung des gestrigen Tages soll sich leider nicht wiederholen. Das liegt zum einen daran, dass der Bus dieses Mal den für den öffentlichen Personennahverkehr typischen Füllstand (Typ "Ölsardine") erreicht. Zum anderen habe ich das große Pech, dass sich direkt vor mir eine dieser unmöglichen Personen positioniert, deren exorbitantes Selbstbewusstsein nur noch von ihrem Mitteilungsbedürfnis und der Banalität ihrer Äußerungen übertroffen wird. Der kristallisierte Dunning-Kruger-Effekt in Tonnenform. Zu jedem Thema weiß sie voll Bescheid und muss alle Mitreisenden ungefragt hierüber aufklären.

Wo der Bus überall hält? Weiß sie natürlich und liefert die nötigen Infos (zwei Haltestellen, die ununterbrochen an der digitalen Anzeige durchlaufen). Wo man zuerst aussteigen soll? Auch da gibt es hilfreiche Tipps (erst an der ersten, dann an der zweiten). Wie lange der Trail zum Moro Rock dauert, den der Busfahrer mit "20 Minuten" ankündigt? Unter höhnischem Lachen stellt sie diese völlig absurde Prognose für das dumme Fußvolk richtig (sehr harter Hike - eher eine Klettererfahrung, die von unbedarften Touristen unterschätzt wird; sie kommt aber von hier, kennt sich aus... bla bla... eine Stunde Zeit muss man sich nehmen, sonst kippt man um... bla bla...).

Zum Glück für alle Beteiligten ist dann auch der erste Stopp erreicht und es mutet nicht ganz zufällig an, dass sich außer unserem weiblichen Messias fast alle Mitfahrenden aus dem Bus zwängen. Neun Minuten später stehen wir an der Spitze vom Moro Rock, für dessen Aufstieg außer Miss Dunkin' Donuts 2022 mit Sicherheit niemand eine ganze Stunde benötigt. Der Blick von hier ist ganz nett, aber es ist eindeutig viel zu viel los. Überall drängen sich die Touristen, einschließlich eines chinesischen Pärchens, das trotz mehrfacher Nachfrage darauf besteht, dass ich sie vor den Menschenmassen und nicht vor dem Bergpanorama fotografiere.

Also schnell wieder weg und eine halbe Stunde weiter zum Hanging Rock, wo wir ganz für uns sind. Viel besser bei nahezu identischem Blick. Außerdem amüsieren wir uns hier köstlich über eine Eidechse, die sich eine Liegestütze nach der anderen hochstemmt. Detlef D! Soost wäre begeistert.

Da wir von Shuttles heute genug haben, entschließen wir uns dazu, den Rückweg zu Fuß zu bewältigen und nach einem einstündigen Spaziergang durch unzählige Bergblümchen stehen wir auch schon wieder am Parkplatz. Mit dabei natürlich: Sophias neu entdeckte Reisebegleiter Handi und Hans, ihre leider allzu gesprächigen Hände, die ungeduldig steter Kommunikation harren. Mein Vorschlag, sie wenigstens Handi und Hansi zu nennen, wird übrigens brüsk zurückgewiesen. 

Nun geht es aber los: Vier bis fünf Stunden unspektakuläre Fahrt liegen zwischen uns und dem Pinnacles National Park. Hierüber gibt es nicht viel zu berichten. Wir fahren erst eine Stunde die Berge runter, dann zwei Stunden durch Obstanbaugebiete, und zum Schluss noch zwei weitere Stunden durch endlose Hügelketten auf ziemlichen Rumpelstraßen, für deren miserable Qualität Sophia unverständlicherweise einmal mehr Andreas Bourani verantwortlich macht. Aus nicht mehr im Einzelnen rekonstruierbaren Gründen ist sie mittlerweile davon überzeugt, dass dieser bei jedwedem Ungemach seine Finger im Spiel haben muss. Highlight der Fahrt ist hiervon abgesehen jedenfalls ein Besuch bei Outback, wo ich das erste und einzige Steak des Urlaubs verzehren darf.

Gegen 17:00 Uhr erreichen wir schließlich den Pinnacles National Park. Hier soll es angeblich schicke Steintürmchen geben, aber zu sehen ist davon nichts. Stattdessen kommt es mir auf der kurzen Strecke zum Campground so vor, als ob hier willkürlich ein Stück der ewig gleichen Hügelketten herausgeschnitten wurde, weil man aus irgendwelchen ominösen Gründen unbedingt noch einen weiteren Nationalpark brauchte. Dafür spricht auch die Infrastruktur. Keine Beschilderung weist auf den Park hin, nicht mal am letzten Abzweig. Es gibt kein Visitor Center; dessen Aufgaben übernehmen leidlich das Kassenhäuschen und der General Store. Und nach 16:00 Uhr ist kein Ranger mehr im Park. Alles in allem hat das Ganze daher eher den Charme eines dieser "Forgotten Places", zumal auch - dankenswerterweise - nicht wirklich viel los ist. Naja, dann bleibt wenigstens genügend Zeit zum Duschen und zum Beobachten der lokalen Fauna. Morgen werden wir schon in Erfahrung bringen, ob es hier nicht doch mehr gibt als Hügel, Gestrüpp und unzählige Exemplare von California's State Bird: der Wachtel.

Tag 49 - Von Bäumen und Bären

Unser Tag startet mal wieder mit einer recht frühen Fahrt zum Parkplatz, damit wir noch ein Plätzchen für unser Wohnmobil finden. Das klappt schon mal wunderbar und so machen wir uns kurze Zeit später auf, den vom Volumen her größten Baum der Welt zu bestaunen. Der Baum ist natürlich das Highlight hier und dementsprechend voll ist der asphaltierte Weg. Letzten Endes werfen wir nur einen recht kurzen Blick auf den nach wie vor beeindruckenden General Sherman Tree - es ist hier einfach zu voll. Und wenn wir mal ehrlich sind, haben die Sequoias alle eine beeindruckende Größe, ob sie nun einen besonderen Namen haben oder nicht. Dann schauen wir uns lieber woanders welche an, wo weniger los ist und wir auch mal direkt bis an den Baum gehen können. 

Wir folgen also weiter dem Congress Trail - immer noch asphaltiert, aber nach und nach immer weniger Menschen. Richtig schön wird es erst, als wir auch diesen Trail verlassen und einsameren Wegen in Richtung Crescent Meadows folgen. Endlich Ruhe auf einem wunderschönen Waldweg, der immer wieder an riesigen Sequoias vorbeiführt - herrlich! 

Hinzu kommt noch die Sichtung diverser Tiere unterwegs: Neben den üblichen Hörnchen und Vögeln aller Art entdecken wir auch einen jungen Hirsch, der uns hinter einem Baum hervor beobachtet, sowie vermutlich ein Murmeltier, das über umgestürzte Bäume balanciert und sich dabei nicht stören lässt. Nur die Bären wollen sich einfach nicht zeigen... 

Nachdem Sophia die Zeit gemessen hat, die sie braucht, um einen Sequoia zu umrunden, und wir zwei Pausen an einer kleinen Hütte sowie einer wunderschönen Lichtung eingelegt haben, passieren wir die Crescent Meadows, die hier mitten im Wald ein grasgrünes Feuchtgebiet bilden. Sieht ebenfalls toll aus. An einem kleinen Aussichtspunkt auf die riesige Wiese wollen wir uns gerade abwenden, als ein Wanderer neben uns ins Gebüsch zeigt und was von einem Bären nuschelt. Ein Bär? Sollen wir etwa doch noch Glück haben? Tatsächlich, da ist einer! Und zwar nicht irgendeiner, sondern ein Bärenjunges!

Minutenlang können wir aus sicherer Entfernung das kleine Fellknäuel beobachten, wie es am Rande der Wiese im Gebüsch spielt und auf Bäume klettert. Nach einiger Zeit gesellt sich auch die Mutter dazu, die bis dahin im hohen Gras versteckt saß. Es ist faszinierend, die beiden zu beobachten, und auch Sophia flüstert ehrfürchtig, wie süß das Baby und wie groß die Mama ist. Nach vielleicht fünzehn Minuten verschwinden die beiden auf der anderen Seite des Weges wieder im Wald und wir können kaum glauben, dass wir so viel Glück hatten! 

Wir schauen uns noch kurz einen nahegelegenen Aussichtspunkt an, der aufgrund der nicht ganz optimalen Sichtverhältnisse und seiner Lage in der prallen Sonne nur kurz zu begeistern vermag, bevor wir uns auf den Rückweg machen. Da wir uns heute nicht übermäßig verausgaben wollten - es sind ja trotzdem schon wieder neun Kilometer zusammengekommen -, begeben wir uns zum parkeigenen Shuttlebus. Es gibt hier vier kurze Linien, die jeweils nur zwei oder drei Stopps anfahren, sodass wir zwischendrin umsteigen müssen. Nach unserer letzten Erfahrung im Yosemite waren wir erst etwas skeptisch, aber der Bus ist recht leer und gut klimatisiert. Beim Umstieg geben wir noch schnell das gestern ausgefüllte Buch ab und Sophia wird zum Junior Ranger vom Sequoia und Kings Canyon National Park. Weiter mit dem nächsten Shuttle, der schon merklich voller ist, und schon stehen wir wieder am General Sherman Tree. Allerdings unten am Baum. Christoph hatte uns angekündigt, dass wir den heute morgen zurückgelegten Weg vom Parkplatz oben zum Baum unten nicht wieder in entgegengesetzter Richtung nach oben laufen müssen, sondern wir auch hier den Shuttle benutzen können. Leider scheint das hier die übliche Vorgehensweise zu sein, sodass die Schlange am Bus lang ist und wir schätzen, dass wir mindestens zwanzig Minuten warten müssen, bevor wir mit einem überfüllten Shuttle nach oben fahren können. Klingt nicht gerade verlockend, aber wieder nach oben laufen, nachdem wir den ganzen Tag fest davon ausgegangen sind, dass wir uns diese Anstrengung ersparen können? Letzten Endes entscheiden wir uns aber doch für den Fußweg, was viel schneller geht als gedacht.

Zurück am Campingplatz gibt's erstmal einen Snack und eine Pause - man munkelt, der eine oder andere in unserer Runde hätte sogar ein kleines Nickerchen eingelegt... Später kochen wir noch Nudeln und Sophias Wackelzahn, der alle Beteiligten seit Tagen stört, erbarmt sich endlich und fällt heraus, was für große Freude am Tisch sorgt. Ein rundum gelungener Tag!

Dienstag, 11. Juni 2024

Tag 48 - Fragen über Fragen

Über die Nacht ist die Lufttemperatur im Camper auf wohlige 27 Grad zurückgegangen. Da das jetzt trotzdem nicht unbedingt mein Wohlfühlklima darstellt, verlasse ich knapp vor 6:00 Uhr das Wohnmobil. Hier draußen ist es immerhin nur 22 Grad warm und einen schönen Sonnenaufgang gibt es auch noch als Bonus.

Mhhhhh, irgendetwas hat sich doch aber im Vergleich zu gestern verändert. War die Insel nicht mal größer? Das andere Ufer scheint auch so weit weg zu sein... Die anschließende Wat-Probe bestätigt meinen Verdacht: Über Nacht ist der Wasserstand um etwa zehn Zentimeter gestiegen und reicht mir jetzt fast bis zur Wadenmitte - viel Luft bis zum Auspuff bleibt da nicht mehr! Lässt sich nun aber auch nicht ändern und immerhin sieht es jetzt noch cooler aus. Also erstmal genießen.

Nach ausgiebiger Betrachtung des neu entdeckten Klimawandel-Simulators schaue ich gegen 7:00 Uhr mal nach, was die beiden Schnarchnasen drinnen so Schönes machen. Wenig überraschend schnarchen sie. Naja, Lisa ist so leidlich halbwach, aber auch nicht wirklich zum Aufstehen bereit. Noch eine Stunde soll es schlussendlich dauern, bis ich sie aus den Betten bekomme.

Nach dem Frühstück, einer erfolgreichen See-Querung und einem erforderlich gewordenen Dump-Vorgang machen wir uns sodann auf in Richtung der Kings Canyon und Sequoia National Parks. Erster Halt dort: Grant Grove. Sehr schick sehen die riesigen Bäumchen hier aus, auch wenn es recht schwierig ist, sie in der Totalen einzufangen. 

Dann geht es bereits zum Campground und im Anschluss zu Fuß zum Visitor Center, um das Junior-Ranger-Heft abzuholen. Wie so oft müssen wir uns dafür in die Schlange der senil-konfusen Analphabeten einreihen, die die Ranger mit derart sinnlosen Fragen drangsalieren, dass es mir einigen Respekt abnötigt, wie stoisch diese das erdulden. Ein paar Beispiele von heute und meine Antworten dazu für das Gedankenspiel, dass ich der Ranger wäre:

1. Wo ist der Trailhead zu den Tokopah Falls?
Alter, du stehst hier am Trailhead. Geh einfach aus der Tür raus und schau auf das verdammte Schild!

2. Soll ich überhaupt zu den Tokopah Falls oder gibt es hier bessere Wanderungen?
Was weiß ich denn, was du sehen willst? Im Supermarkt fragst du doch auch nicht die Kassiererin, ob du Nudeln kaufen sollst oder ob es dort was Besseres gibt. Nimm dir halt eine der tausend Broschüren und entscheide das selber!

3. Ich habe nur eine Stunde Zeit. Wo kann ich beim General Sherman Tree parken?
Was bist du denn für ein Spacko? Wenn ich nur eine Stunde Zeit habe, stelle ich mich doch nicht eine halbe Stunde lang beim Ranger an, um ihn mit so einer Quatsch-Frage zu nerven, die man sich durch einen kurzen Blick auf die am Eingang erhaltene Parkkarte einfach selbst beantworten kann! Unfassbar aber wahr: Das General Sherman Tree Parking befindet sich am General Sherman Tree. Und jetzt husch!

4. Wie komme ich wieder aus dem Park raus?
Echt jetzt? Hat man dich mit dem Heli hier abgeworfen oder bist du gegen einen Dachbalken gerannt? Setz dich halt ins Auto und fahr los. Egal in welche Richtung du fährst, irgendwann bist du wieder draußen, wenn du auf der Straße bleibst. Absolut idiotensicher.

Ganz generell frage ich mich immer, warum diese Leute überhaupt hier sind, wenn sie ganz offenbar absolut keine Ahnung haben, was es hier so zu sehen gibt. Das will mir einfach nicht in den Kopf. Ich entscheide mich doch für ein Reiseziel, weil es dort etwas gibt, was ich anschauen oder machen möchte. Wenn ich das nicht weiß, nach welchen Kriterien erfolgte dann die Reisezielauswahl? Oder sind die alle zufällig hier, weil sie die falsche Abfahrt genommen haben?

Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, eine Liste mit besonders dummen Fragen zusammenzustellen, um bei der nächsten Reise die Geduld der Ranger im Visitor Center auf die Probe zu stellen. Bisher stehen drauf: Wo ist das Visitor Center? Haben Sie einen Ranger gesehen? Wann hat der Park geöffnet? Und wo steht mein Auto?

Nachdem wir irgendwann das begehrte Heftchen doch noch ausgehändigt bekommen haben, machen wir uns schließlich auf zu den Tokopah Falls. Eine schöne Wanderung immer am Fluss entlang mit wenigen Höhenmetern und einigen Balancierpassagen. 

Überall stehen schicke Blümchen in allen möglichen Farben. 

Und das Ziel sieht auch nicht schlecht aus!

Das Einzige, was uns fehlt, ist eine Bärensichtung. Die Chance soll hier recht gut sein und eine Oma hat uns auch auf halbem Wege erzählt, dass sie 100 Meter weiter eine Bärenmutter mit Kind am anderen Flussufer beobachten konnte. Uns zeigt sich aber während des heutigen dreistündigen Ausflugs leider keines der bepelzten Tierchen. Naja, morgen ist ja auch noch ein Tag.