Freitag, 26. April 2024

Tag 3 - Glück gehabt

Die erste Nacht in unserem Wohnanhänger haben wir dank abends noch intensiv genutzter Klimaanlage und nächtlichem Durchzug gut gemeistert. Freilich erwachen wir aufgrund des Jetlags bereits gegen 5 Uhr und werden dafür mit einem schönen Sonnenaufgang belohnt, den wir von unserem Bett aus bestaunen. Während Sophia noch schläft und ich ein paar Kapitel lese, genießt Christoph draußen die Ruhe bei noch angenehmen Temperaturen. Gefrühstückt wird später natürlich ebenfalls draußen und anschließend koppeln wir unser Gespann erstmals eigenhändig wieder zusammen. Noch mehrmals gecheckt, dass wir wirklich nichts vergessen haben, und auf geht es in Richtung Nordosten.

Uns steht eine etwas längere Fahrstrecke bevor, die aber recht entspannt verläuft. Christoph fragt mich in regelmäßigen Abständen, ob unser Anhänger noch dran ist, während wir über kleinere, hitzebedingte Anpassungen des Reiseplans diskutieren. Sophia lauscht indessen mit Kopfhörern einem Hörspiel, das sie gelegentlich mit Lachern oder kurzen Bemerkungen kommentiert. Diese Einschübe von der ansonsten stillen Rückbank kommen immer wieder überraschend und erheitern unser Gespräch sehr. 

In St. George angekommen, machen wir erneut einen Zwischenstopp bei Walmart, um noch einige fehlende Utensilien wie einen Schlafsack für Sophia - natürlich stilecht mit Leopardenmuster - zu erwerben. Anschließend geht es weiter zu unserem Campingplatz für die kommende Nacht, wo wir trotz Eintreffens vor der offiziellen Check-In-Zeit schon zu unserem Platz vorfahren dürfen. Im künstlich angelegten Quail Creek kühlen wir uns ein wenig die Füße ab, bevor wir unseren Trailer abkoppeln, um den Campingplatz in Richtung einer Nachmittagswanderung in höher gelegenen und damit hoffentlich kühleren Gebieten zu verlassen.


Die Fahrt in Richtung des im Dixie National Forest gelegenen Pine Park zieht sich ewig hin. Zuerst verfahren wir uns aufgrund Christophs mangelnder Aufsicht. Um sich auf dem Rücksitz mit Sophia ungestört mit unterhaltsamen Serien die Zeit vertreiben zu können, speist er mich nämlich wiederholt mit einem schnöden "Immer geradeaus weiter dieser Straße folgen" ab, an das ich mich selbstredend sklavisch halte. Nichtsdestotrotz stellt er einige Zeit später fest, dass wir gerade irgendwo sind, wo wir gar nicht hinwollten... Im Übrigen war ich mir sicher, dass er für das Ende des Weges eine Dirtroad von 2 Meilen angekündigt hatte, die sich jedoch aus ungeklärten Gründen im Laufe der Fahrt mindestens verzehnfachen. Der Zustand der Straße ist für hiesige Verhältnisse mittelmäßig, allerdings macht mir der Blick auf die rapide gen unteres Ende der Skala wandernde Tanknadel zunehmend Sorgen. Als wir dann während der Besichtigung der ersten Formation der weißen Lehmkegel auch noch feststellen, dass es vielleicht doch schon eine Stunde später ist als gedacht, ist die Verunsicherung perfekt. Vor unserem Campground befindet sich nämlich eine Baustelle, die ausgerechnet heute für eine Sperrung der Straße ab 21 Uhr sorgt. So ließ es zumindest die digitale Anzeige am Beginn der Straße verlauten. Die nette Dame bei der Anmeldung auf dem Campingplatz empfahl uns allerdings, bis spätestens 19 Uhr da zu sein, da die Straße bereits 19:30 Uhr geschlossen werde. Hielten wir diese Information beim Checkin noch für überflüssig, wüssten wir nun doch gerne, was Phase ist. Und wie spät ist es eigentlich? Laut meiner Uhr ist es eine Stunde später als Christoph und das Auto es sagen. Aber Utah hat ja im Sommer eine Stunde Zeitverschiebung gegenüber den Nachbarstaaten. Oder war es Arizona? Wie spät ist es denn nun, wie lange brauchen wir für den Rückweg und reicht unser Benzin überhaupt noch für den Weg bis zur nächsten Tankstelle? Wir einigen uns darauf, dass wir am Füllstand des Tanks ohnehin gerade nichts ändern können und - sollten meine Uhrzeit und die Deadline 19 Uhr maßgebend sein - dass wir es so oder so nicht pünktlich zurück schaffen. Also schauen wir uns zumindest den Pine Park noch genauer an und vertreten uns ein wenig die Beine. Ein bisschen Kletterei ist auch dabei, was Sophia sehr freut. Hübsch anzusehen sind die weißen Kegel, die hier so unverhofft mitten im Pinienwald stehen, allemal. Ob sie nun die lange Anfahrt (und in unserem Fall die ganze Aufregung) wert sind, ist schwer zu sagen. 

Kurze Zeit später machen wir uns angespannt auf den Rückweg. Wobei, der Tankfüllstand gibt nun wieder etwas mehr Grund zur Hoffnung - die Anzeige scheint doch sehr von den steilen Auf- und Abfahrten beeinflusst zu werden. Eine bange Stunde später rollen wir auf das Gelände einer Tankstelle, wo sogar direkt an der Zapfsäule unsere Kreditkarte akzeptiert wird, sodass wir ganz unbehelligt tanken können. Auch eine grobe Reinigung der Heckscheibe ist noch drin, weshalb ich nach der Fahrt auf der Dirtroad auch erstmals wieder mehr als Staub und Dreck im Rückspiegel sehe. Ganz ursprünglich war ja mal angedacht, nach diesem "kurzen" Ausflug noch für ein Abendessen ins Restaurant einzukehren, was angesichts der Ereignisse der letzten Stunden nun natürlich gestrichen ist. Wir klären auch Sophia auf, dass wir nicht wissen, ob die Straße zum Campingplatz für uns noch befahrbar ist. Bei der Erörterung der möglichen Alternativen für den Fall einer Sperrung (eine eventuelle Straßenblockade zur Seite räumen und trotzdem durchfahren oder das Auto an der Sperrung stehen lassen und 2 Kilometer laufen) macht sich auf dem Rücksitz Verzweiflung breit. Welche der beiden Alternativen Sophia als schlimmer empfindet, lässt sich kaum ausmachen. Letzten Endes ist die ganze Aufregung aber völlig umsonst, denn die Anzeige an der Einfahrt in die besagte Straße kündigt immer noch eine Sperrung ab 21 Uhr an und wir können problemlos passieren. Da hat die nette Dame am Empfang echt Glück, dass sie schon im Feierabend ist...

Viel später als gedacht sind wir zurück und kochen noch schnell ein paar Nudeln, damit wir nicht schon wieder nur Bagel und Brot essen. Der Herr des Hauses versucht sich im Feuermachen, was ihm zwar zunächst scheinbar gelingt. Am Ende des Abends haben wir aber dank blaugrüner Flammen ungeklärter Herkunft keine gebratenen Marshmallows, sondern nur nach Rauch stinkende Klamotten. Wenigstens der romantische Aufgang des Vollmonds über dem See versöhnt uns etwas mit diesem verqueren Tag, denn immerhin ist am Ende doch alles irgendwie gut gegangen.

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