Zum Aufstehen begrüßt mich ein wolkenverhangener, grauer Himmel, der laut Wetterbericht ganztägig anhalten und in Sturm und Regenwetter übergehen soll. Naja, mache ich es mir eben mal drinnen mit der Familie gemütlich. Aber halt: Sophia lässt im Bett neben Mama und ihren Kuschelaffen liegend sogleich verlautbaren: "Wir sind alle eine Familie - außer Papa." Dann eben nicht. Vielleicht sollte ich mir den Spruch auf ein T-Shirt drucken lassen.
Demnach verbringe ich den Morgen mit Mist-Aufgaben: Aufräumen, abwaschen, abtrocknen, vorm Klohäuschen rumlungern, während drinnen Laptop und Toniebox an der Steckdose für elektrische Rasierer laden etc. Lisa näht derweil unsere zerschlissene Ausrüstung wieder zusammen und Sophia schaut sich irgendwelchen Quatsch mit Einhörnern an.
Dann soll es vor Verlassen des Campgrounds noch ans Dumpen im mittlerweile strömenden Regen gehen. Also hüpfe ich leichtfüßig aus dem Auto, öffne die Seitenklappe an der Stoßstange und schaue wortwörtlich in die Röhre. Der Schlauch ist in die Mitte gerutscht und nicht mehr zu erreichen. Auch von der anderen Seite kommt man natürlich nicht ran. Also wird ein Stock gesucht und nach mehreren Fehlversuchen mit meinem Unterarm bis zum Ellbogen tief in der Scheißeschlauch-Aufbewahrungsbox gelingt es mir endlich, den Schlauch auf der anderen Seite herauszudrücken. Juchhu, jetzt muss ich nur noch hier ziehen und... - was zum Henker ist das denn jetzt?! Der Schlauch lässt sich nur zur Hälfte rausziehen und hängt dann fest. Auch wenn ich wie ein Elch dran zerre und drehe, ändert sich nichts. Also das gleiche Spiel nochmal auf der anderen Seite und auch hier: Nichts! Es geht keinen Millimeter weiter. Mittlerweile bin ich völlig nass, durchgefroren und habe komplett die Schnauze voll. Der Anruf bei der Wohnmobilvermieterin Jessica fördert die Erkenntnis zutage, dass sich die Stoßstange bei Kälte verziehen kann, wodurch der Schlauch dann klemmt. Na dann ist das ja ein ganz toller Spot zum lagern für so ein Drecksteil...
Also lassen wir das dumpen erstmal, ordern über Walmart einen neuen Schlauch und fahren mit vollen Tanks eine zusätzliche Stunde (oneway!) zum nächstgelegenen Walmart, um das Teil abzuholen. Dort angekommen stellen wir uns aus Gründen der Zeitersparnis quer auf die vorderen überdachten Pickup-Parkplätze und ich hetze schnell ins Kaufhaus. Dort klappt alles einwandfrei und binnen weniger Sekunden bin ich stolzer Besitzer eines nigelnagelneuen Abwasserschlauchs. Gerade will ich Lisa freudig meine Neuanschaffung präsentieren, da ruft sie mir schon aus dem Auto kläglich entgegen, dass etwas ganz schlimmes passiert sei, sie sich aber nicht traue, nachzusehen. In meinem Kopf rattert es - was denn nun schon wieder? Kind eingepullert? Opa überfahren? Unterwäsche passt nicht zur Jacke?
Nein - in Wirklichkeit ist es noch schlimmer. Lisa eröffnet mir, dass sie "glaube", den Trailer beim einparken beschädigt zu haben. Und tatsächlich genügt ein kurzer Blick nach oben, um zu sehen, dass die auf dem Trailerdach befindliche Klimaanlage und die Parkplatzüberdachung zu einer bunten Melange verschmolzen sind. Also vorsichtig rückwärts hinausmanövriert und es zeigt sich...
...eine offene Stelle auf dem Dach!
Freitag, 14:30 Uhr. Der Wind tost. Es nieselt. Für den späten Nachmittag ist ein schweres Unwetter angekündigt. Und wir haben ein Loch in unserem Dach und keine Ahnung, was wir jetzt tun sollen. Also rufen wir unsere Vermieterin an, die zumindest ebenso entsetzt klingt wie wir uns fühlen. Falls das Fiberglas beschädigt sei, dürfe dieses auf keinen Fall mit Wasser in Kontakt kommen, wird uns mitgeteilt - sonst drohe ein Totalschaden. Woher zum Teufel soll ich denn wissen, ob der Mist beschädigt ist? Wie sieht Fiberglas denn überhaupt aus? Dann heißt es, wir könnten uns eine Leiter im Walmart leihen und das Loch erstmal tapen. Ich soll also bei Sturmwind und Regen auf das Wohnmobildach klettern und planlos an einem Loch mit Klebeband rumhantieren? Ist ja eine richtig tolle Idee... Schließlich einigen wir uns darauf, dass wir zur nächsten Werkstatt fahren, die aber auch schon 15:00 Uhr schließt! Also brausen wir einmal quer durch die Stadt und an der dritten Tür im Gewerbegebiet findet sich tatsächlich noch irgendjemand, der irgendetwas von Fahrzeugen zu verstehen vorgibt. Rasch schnappt er sich eine Leiter und kraxelt hinauf, um sich die Misere anzusehen. Auf meine Bitte um Fotos für die Versicherung deutet er mir, mein Mobiltelefon zu ihm hochzuwerfen. Ja, ist denn heute der Tag der beknackten Vorschläge? Selbstverständlich werfe ich mein Handy nicht bei Wind und Regen zwei Meter durch die Luft nach oben! Also klettere ich selber mit hoch und er zeigt mir,...
...dass tatsächlich bloß die äußere Plastikabdeckung beschädigt ist. Nur wenige Zentimeter haben gefehlt, dann hätte es die Klimaanlage selbst erwischt und gegebenenfalls aus dem Dach herausgehebelt! So aber beschränkt sich der Schaden auf etwa 250 $ und muss auch nicht sofort behoben werden. Die Dachhaut ist nämlich weiterhin dicht und sogar die Klimaanlage unverändert voll funktionsfähig. Da fällt uns aber ein riesiger Stein vom Herzen, sahen wir unseren ersten Reiseabschnitt doch schon ein jähes Ende finden!
Also wird jetzt zum Runterkommen nur noch schnell gegessen, getankt und gedumpt (funktioniert nun einwandfrei) und dann geht es sofort ab zum nahegelegenen Campingplatz. Dort angekommen zeigt sich wider Erwarten noch einmal kurz die Sonne, was wir für einen kleinen Strandspaziergang nutzen.
Im Großen und Ganzen ist zum Glück alles halbwegs gut ausgegangen. Aber noch einmal brauche ich so einen Murkstag in diesem Urlaub ganz sicher nicht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen