Wie immer (und für uns Planungsenthusiasten sowieso) ist Vorbereitung alles und so stehen wir nach mehrmaligem Schauen von Videos mit der Aufzeichnung des gesamten Aufstiegs, intensiver Abwägung und dem vorsorglichen Erwerb eines Klettergeschirrs zu Sophias Sicherheit um 10 Uhr am Trailhead vom Water Canyon Trail. Eigentlich ist alles durchgeplant und wir gehen auch realistisch an die ganze Sache heran - 50:50, dass wir die White Domes erreichen. Und dann das: Der Himmel ist grau und kaum haben wir unsere ersten Schritte getan, setzt auch schon der Nieselregen ein. Das darf doch nicht wahr sein! Dass es mit etwa 18 Grad relativ kühl ist, kommt uns ja entgegen, aber der Wetterbericht hatte uns einen Sonne-Wolken-Mix mit einer minimalen Regenwahrscheinlichkeit und -menge versprochen.
Nun gut, laufen wir erstmal los, die Wolken werden sich schon gleich verziehen. Die Wanderung startet am Fluss entlang, zunächst über Waldboden, dann über Sand, und schon bald wird der Weg zu einem felsigen Kletterpfad. So bewegen wir uns langsam zwischen den links und rechts steil aufragenden Felswänden vorwärts und bei jedem Blick nach oben denke ich mir: Da hoch müssen wir? Das schaffen wir nie...
Zwischendrin scheint es so, als ob die Sonne sich durchsetzen könnte, doch unsere Hoffnungen werden regelmäßig nach wenigen Minuten von Nieselregen enttäuscht. Wir bleiben aber optimistisch und gehen weiter. Sophia kann es kaum erwarten, endlich das Klettergeschirr anzulegen und fragt alle 2 Minuten, ob es nun endlich gefährlich genug sei, damit sie das Seil ummachen kann. Ein paar Mormonen, die uns forschen Schrittes entgegen kommen, und die sich anschließende Frage, welches der einfarbigen Kleider wohl das schönste ist, sorgen kurzzeitig für Ablenkung, bis wir ein Felsplateau erreichen, wo sich der Fluss an dieser wohl schmalsten Stelle zwischen den Felswänden seinen Weg direkt über die Felsen bahnt. Ein paar kleine Sprünge über Matschlöcher und von Stein zu Stein, um dem Wasser auszuweichen und wir stehen vor einem kleinen Wasserfall, den wir etwas umständlich ganz an der Seite umklettern müssen. Mit etwa eineinhalb Metern ist diese Stufe für Sophia allein zu hoch, aber mit etwas Heben, Ziehen und Geschick kommen wir alle trockenen Fußes nach oben. Nun beginnt der schwierigere Teil des Aufstiegs und Sophia darf endlich in ihr Klettergeschirr schlüpfen und sich mit einem Seil an Christoph festbinden. Zwar erwarten wir nicht, dass unser sehr vorsichtiges Kind durch einen kühnen Sprung in den Abgrund sein Können unter Beweis stellen will, aber Vorsicht ist bekanntlich besser als Nachsicht. So klettern wir auf dem Pfad direkt an der Felswand entlang.
Es sind zum Glück bloß einige wenige Stellen, an denen der Weg nur einen knappen Meter schmal ist und wir kurzzeitig direkt am Abgrund entlang müssen. Meist sind wir durch Gestrüpp oder Felsen von der Abbruchkante abgeschirmt und müssen nur aufpassen, dass wir uns bei der ganzen Kraxelei nicht die Füße verknicken. Sophia hat jedenfalls Spaß und ist voll konzentriert bei der Sache. Praktischerweise kann Christoph ihr durch das Seil an der einen oder anderen Stelle beim Überwinden größerer Stufen helfen. Da wir nur langsam vorwärtskommen, ist es auch nicht so anstrengend wie gedacht. Das Wetter macht uns jedoch immer noch Sorgen. Es nieselt beständig weiter und als wir einen Großteil des Aufstiegs geschafft haben, beginnt es stärker zu regnen. Immer wieder fragen wir uns, ob wir nicht doch umkehren sollten. Schließlich ist das Klettern über regennasse, glitschige Felsen an einer Abbruchkante auch nicht unbedingt zu empfehlen... Wir stellen uns kurz an einem Baum unter und überlegen ernsthaft umzukehren. Die steilen Felswände links und rechts nehmen uns nicht nur die Sicht, um den Weg der Regenwolken abschätzen zu können, sondern schirmen natürlich auch das Internetsignal ab, sodass wir keine Entscheidungshilfe haben. Christoph will lieber umkehren, ich bin gerade völlig unentschlossen und wir beide haben in der letzten halben Stunde schon etwa 10 Mal unsere Meinung geändert... Was machen wir nur? Die Einzige, die die ganze Zeit unbeirrt weitergehen will, ist Sophia. Aber ob sie nun der beste Ratgeber in dieser Sache ist? Schließlich spricht Christoph ein Machtwort: Wir bringen den Aufstieg zu Ende und hoffen darauf, auf dem Felsplateau freie Sicht und bestenfalls Empfang zu haben, um über den weiteren Fortgang entscheiden zu können. So kommt es, dass wir einige Zeit später den Aufstieg komplett geschafft haben und uns völlig erschöpft (vor allem auch nervlich) für eine Pause niederlassen.
Es hat nun endlich aufgehört zu regnen und der hier oben abrufbare Wetterbericht verspricht uns, dass es auch so bleiben wird. Guten Mutes machen wir uns also auf den restlichen Weg zu den White Domes. Dass dies noch weitere 3km Wanderung, zunächst durch Gestrüpp, dann tiefen Sand und zum Schluss nochmal einen Aufstieg von weiteren 150 Höhenmetern über einen steilen Felsrücken bedeutet, war mir zunächst nicht klar und als wir am Ziel ankommen, bin ich echt kaputt. Aber die Felsformationen sehen absolut spitze aus! Da hat sich das beschwerliche Überwinden von insgesamt 680 Höhenmetern doch gelohnt.
Wir machen nochmal eine längere Pause, essen, fotografieren und genießen die Sonne, die sich nun auch endlich zeigt. Inzwischen sind wir allerdings schon seit vier Stunden unterwegs, sodass wir uns zeitnah auf den Rückweg machen müssen. Sophia verwandelt sich wieder in die Kletterhündin Yadar und ist so auch beim Rückweg halbwegs motiviert dabei.
Vor dem Abstieg atmen wir nochmal tief durch, stecken Sophia wieder in ihr Klettergeschirr und machen uns an die Arbeit. Manche Passagen sind leichter, andere schwerer als auf dem Weg nach oben. Wir bewegen uns daher äußerst langsam und vorsichtig vorwärts über die Felsen, die glücklicherweise nicht auch noch rutschig sind.
Ausgenommen erleichtert erreichen wir schließlich wieder das kleine Zwischenplateau mit dem Wasserfall, an dem die Kletterpartie begonnen hatte. Den Wasserfall trockenen Fußes zu umklettern ist nochmal eine besondere Herausforderung, da er nun dank des Regens etwas mehr Wasser führt als am Vormittag. Sophia hängt an ihrem Seil kurzzeitig an Christophs Hand in der Luft, während ich unten versuche sie aufzufangen, und wie durch ein Wunder stehen wir wenige Sekunden später alle komplett trocken unten. Der restliche Rückweg zieht sich wie Kaugummi und wir merken, dass wir mit unseren Kräften nun wirklich am Ende sind. Sophia ist den Tränen nahe, als Christoph verkündet, dass er den Parkplatz durch die Bäume erspäht habe und wenige Augenblicke später zugeben muss, dass er sich leider getäuscht hat. Irgendwann haben wir es aber doch geschafft und sind gleichzeitig stolz, erleichtert und todmüde. Wir fahren den kurzen Weg zurück zum Abstellplatz unseres Trailers und gönnen uns erstmal ein Eis, das Dank zwischenzeitlich entleertem Gasbehälter, über den der Kühlschrank betrieben wird, leicht flüssig ist. Schmeckt nach der Anstrengung aber trotzdem. Mehr als die Fahrt zum nächsten Campingplatz und Abendbrot essen schaffen wir heute nicht mehr, sind aber wahnsinnig froh, dass wir dieses Abenteuer gemeistert haben.
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