Mittwoch, 24. April 2024

Tag 2 - Von Schlafen und Schlüpfern

Nach dem Aufwachen verrät mein Blick auf den Hotel-Wecker, dass es 12:30 Uhr sein soll, was mich einigermaßen verstört. Warum nur sollte ich über 15 Stunden durchgeschlafen haben, wenn wir doch extra unsere Wecker auf 6:00 Uhr gestellt haben, um das auf 7:00 Uhr avisierte Zusammentreffen mit unserem Wohnmobil-Vermieter Jessica nicht zu verpassen? Kurz bevor ich lautstark Alarm schlage, fällt dann aber noch der Groschen. Tatsächlich ist es 12:30 am, nicht 12:30 pm, sprich mitten in der Nacht, und ich habe erst drei Stunden Schlaf hinter mir. Also haue ich mich wieder hin, um eine knappe Stunde später erneut zu erwachen. Den Rest der Nacht verbringe ich mit weiteren erfolglosen Einschlafversuchen und ein paar gepflegten Runden Minesweeper, bis ich mich auf Platz 3002 der ewigen Bestenliste verewigen darf. Gegen 5:00 Uhr schließlich werden glücklicherweise auch meine Reisebegleiter wach und es kann endlich losgehen.

Zusammen mit Lisa stopfe ich rasch die gestern herausgewühlten Sachen zurück in die Koffer, während Sophia wenig begeistert einen der gestern frisch erworbenen Erdbeerriegel vertilgt, der wenig überraschend keinerlei Erdbeeren, dafür aber Unmengen an Zucker und künstlichen Aromen enthält. Nach dem Verzehr teilt sie ernüchtert mit, dass er ihr viel zu süß sei, womit wohl alles zu diesen Riegeln gesagt ist. Den Rest der Zeit wird unter Aufsicht von Sophia gemalt und mit Tonie-Figuren gespielt.

Kurz vor 7:00 Uhr stehen wir vor unserem Hotel und stellen fest, dass wir gar keinen Abholort vereinbart haben. Zur gleichen Erkenntnis gelangt kurz nach 7:00 Uhr Jessica, wie sie uns telefonisch mitteilt, nachdem sie sich vergeblich an dem von ihr angedachten Treffpunkt umgeschaut hat. Irgendwann kommen wir dann aber doch noch zusammen und fahren zur Vermietstation, wo wir ausführlich in die Funktionen der aus "Tina" und "Sabrina" bestehenden Fahrzeugkombination eingewiesen werden. Den darauf folgenden Praxistest bestehen wir mit Bravour und dürfen daher schon nach kurzer Zeit den Hof wieder verlassen. Der vorher bei Walmart bestellte Schlafsack für Sophia ist im Übrigen nicht mehr angekommen, weil die gewählte Lieferadresse der Vermietstation vermeintlich nicht auffindbar gewesen sei. Vier Stunden nach unserer Abfahrt teilt uns Walmart aber per E-Mail euphorisch mit, dass die Zustellung jetzt endlich geklappt habe, weswegen nunmehr um eine positive Bewertung gebeten werde, wovon ich indes dankend absehe.

Mit dem Fahrverhalten des Gespanns kommt Lisa sofort gut zurecht. Am besten aber gefällt ihr, dass man durch den Anhänger hinter sich nichts mehr sieht, da sie die Wahrnehmung anderer Verkehrsteilnehmer im Rückspiegel immer so sehr in Stress versetze. Beim nächsten Mal sollten wir also ein Fahrzeug ganz ohne Fenster wählen oder mit Schlafmaske fahren.

Während des obligaten Großeinkaufs sind kurzzeitig meine Vermittlungsfähigkeiten gefragt, da Lisa ihre Reputation bedroht sieht, als Sophia in einer Welle langeweilebedingter Übersprungshandlungen immer wieder ihr Kleid hochreißt, um den prüden Amerikanern ihren schicken Schlüpfer zu präsentieren. Nach kurzer gesamtgesellschaftlicher Einordnung meinerseits als begrüßenswerte Form feministischen Aktivismus' zwischen "Free the Nipple" und "My Body, my Choice" gelingt aber ein Kompromiss und beide vertragen sich wieder. 

Dann endlich geht es zu unserem ersten Etappenziel: dem Valley of Fire State Park, den wir zuletzt 2013 aufgesucht hatten. Dort stellen wir unser Gespann auf die zuvor gebuchte Campsite 23, koppeln den Anhänger ab und machen uns bei 35 Grad Celsius zunächst daran, den Kofferinhalt auszupacken, was bemerkenswert gut funktioniert.


Gegen 16:00 Uhr brechen wir dann zu unserer ersten Wanderung auf, dem 7-Wonders-Loop, der wesentlich stärker an mir zehrt als er sollte. Zum einen bin ich todmüde, zum anderen habe ich Rückenschmerzen, sodass ich mich nur unter großen Anstrengungen durch Hitze und Sand schleppe und während einer Rast sogar kurz einnicke. Die Gegend sieht aber unverändert traumhaft aus und so gelingen auch in meinem bemitleidenswerten Zustand noch ein paar schöne Aufnahmen.


Trotzdem bin ich froh, als wir den Jeep wieder erreichen und ich während der Rückfahrt ein Schläfchen machen kann. Noch froher bin ich, dass niemand unseren Anhänger gestohlen hat, den wir dummerweise ungesichert zurückgelassen haben. Und am frohsten bin ich schließlich, als ich mich nach ein paar Schüsseln Cornflakes endlich ins Bett werfen darf.

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