Mittwoch, 12. Juni 2024

Tag 50 - Ist das alles?

Gegen 7:00 Uhr schälen wir uns aus den Betten und starten sofort die Motoren, um noch einen der begehrten und daher schnell besetzten Parkplätze am Giant Forest Museum in Beschlag nehmen zu können. Das klappt ohne Weiteres und nach einem leckeren Frühstück und der gebotenen Morgenhygiene stehen wir auch bereits an der Shuttlebus-Haltestelle. Der Plan ist, sich hier am Vormittag noch ein bisschen die Füße zu vertreten, da uns heute eine längere Fahrstrecke erwartet.

Die positive Shuttle-Erfahrung des gestrigen Tages soll sich leider nicht wiederholen. Das liegt zum einen daran, dass der Bus dieses Mal den für den öffentlichen Personennahverkehr typischen Füllstand (Typ "Ölsardine") erreicht. Zum anderen habe ich das große Pech, dass sich direkt vor mir eine dieser unmöglichen Personen positioniert, deren exorbitantes Selbstbewusstsein nur noch von ihrem Mitteilungsbedürfnis und der Banalität ihrer Äußerungen übertroffen wird. Der kristallisierte Dunning-Kruger-Effekt in Tonnenform. Zu jedem Thema weiß sie voll Bescheid und muss alle Mitreisenden ungefragt hierüber aufklären.

Wo der Bus überall hält? Weiß sie natürlich und liefert die nötigen Infos (zwei Haltestellen, die ununterbrochen an der digitalen Anzeige durchlaufen). Wo man zuerst aussteigen soll? Auch da gibt es hilfreiche Tipps (erst an der ersten, dann an der zweiten). Wie lange der Trail zum Moro Rock dauert, den der Busfahrer mit "20 Minuten" ankündigt? Unter höhnischem Lachen stellt sie diese völlig absurde Prognose für das dumme Fußvolk richtig (sehr harter Hike - eher eine Klettererfahrung, die von unbedarften Touristen unterschätzt wird; sie kommt aber von hier, kennt sich aus... bla bla... eine Stunde Zeit muss man sich nehmen, sonst kippt man um... bla bla...).

Zum Glück für alle Beteiligten ist dann auch der erste Stopp erreicht und es mutet nicht ganz zufällig an, dass sich außer unserem weiblichen Messias fast alle Mitfahrenden aus dem Bus zwängen. Neun Minuten später stehen wir an der Spitze vom Moro Rock, für dessen Aufstieg außer Miss Dunkin' Donuts 2022 mit Sicherheit niemand eine ganze Stunde benötigt. Der Blick von hier ist ganz nett, aber es ist eindeutig viel zu viel los. Überall drängen sich die Touristen, einschließlich eines chinesischen Pärchens, das trotz mehrfacher Nachfrage darauf besteht, dass ich sie vor den Menschenmassen und nicht vor dem Bergpanorama fotografiere.

Also schnell wieder weg und eine halbe Stunde weiter zum Hanging Rock, wo wir ganz für uns sind. Viel besser bei nahezu identischem Blick. Außerdem amüsieren wir uns hier köstlich über eine Eidechse, die sich eine Liegestütze nach der anderen hochstemmt. Detlef D! Soost wäre begeistert.

Da wir von Shuttles heute genug haben, entschließen wir uns dazu, den Rückweg zu Fuß zu bewältigen und nach einem einstündigen Spaziergang durch unzählige Bergblümchen stehen wir auch schon wieder am Parkplatz. Mit dabei natürlich: Sophias neu entdeckte Reisebegleiter Handi und Hans, ihre leider allzu gesprächigen Hände, die ungeduldig steter Kommunikation harren. Mein Vorschlag, sie wenigstens Handi und Hansi zu nennen, wird übrigens brüsk zurückgewiesen. 

Nun geht es aber los: Vier bis fünf Stunden unspektakuläre Fahrt liegen zwischen uns und dem Pinnacles National Park. Hierüber gibt es nicht viel zu berichten. Wir fahren erst eine Stunde die Berge runter, dann zwei Stunden durch Obstanbaugebiete, und zum Schluss noch zwei weitere Stunden durch endlose Hügelketten auf ziemlichen Rumpelstraßen, für deren miserable Qualität Sophia unverständlicherweise einmal mehr Andreas Bourani verantwortlich macht. Aus nicht mehr im Einzelnen rekonstruierbaren Gründen ist sie mittlerweile davon überzeugt, dass dieser bei jedwedem Ungemach seine Finger im Spiel haben muss. Highlight der Fahrt ist hiervon abgesehen jedenfalls ein Besuch bei Outback, wo ich das erste und einzige Steak des Urlaubs verzehren darf.

Gegen 17:00 Uhr erreichen wir schließlich den Pinnacles National Park. Hier soll es angeblich schicke Steintürmchen geben, aber zu sehen ist davon nichts. Stattdessen kommt es mir auf der kurzen Strecke zum Campground so vor, als ob hier willkürlich ein Stück der ewig gleichen Hügelketten herausgeschnitten wurde, weil man aus irgendwelchen ominösen Gründen unbedingt noch einen weiteren Nationalpark brauchte. Dafür spricht auch die Infrastruktur. Keine Beschilderung weist auf den Park hin, nicht mal am letzten Abzweig. Es gibt kein Visitor Center; dessen Aufgaben übernehmen leidlich das Kassenhäuschen und der General Store. Und nach 16:00 Uhr ist kein Ranger mehr im Park. Alles in allem hat das Ganze daher eher den Charme eines dieser "Forgotten Places", zumal auch - dankenswerterweise - nicht wirklich viel los ist. Naja, dann bleibt wenigstens genügend Zeit zum Duschen und zum Beobachten der lokalen Fauna. Morgen werden wir schon in Erfahrung bringen, ob es hier nicht doch mehr gibt als Hügel, Gestrüpp und unzählige Exemplare von California's State Bird: der Wachtel.

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