Sonntag, 9. Juni 2024

Tag 45 - Ich habe eine Wassergallone getragen.

Wir verlassen unseren Campingplatz am heutigen Morgen, um die letzten Meilen ins Yosemite Valley zurückzulegen. Gedanklich haben wir uns bereits darauf eingestellt, dass hier viel los sein wird. Die Parkplätze sind auch bereits entsprechend voll und die äußerst mangelhafte Beschilderung macht es uns nicht leichter, einen Stellplatz für unser Wohnmobil zu finden. Am Ende gelingt es aber doch und wir machen uns auf den kurzen Weg zu den Yosemite Falls. Über einen Campingplatz und an einer Kletterwand vorbei geht es zum offiziellen kurzen Trail, der uns und hunderte andere zum Fuße der Wasserfälle bringt. Natürlich ist der Weg schön eben und asphaltiert, sodass man nicht wirklich von einer Wanderung sprechen kann. Aber immerhin sind die Lower Falls von unten ganz hübsch anzusehen und die durch die Luft fliegenden Wassertröpfchen bringen zusätzlich eine kleine Abkühlung. 

Eine Biegung weiter kann man noch näher an die Wasserfälle herangehen, wird dort aber richtig nass. Darauf haben wir heute keine Lust und begeben uns auf den kurzen Rückweg. 

Dass wir uns nun wieder in einem Nationalpark befinden, bedeutet natürlich vor allem eins: Es ist Junior-Ranger-Zeit! Dafür brauchen wir das Aufgabenheft und das findet man üblicherweise im Visitor Center. Dabei gibt es aber zwei Probleme: Zum einen verläuft die Straße durch das Valley als zweispurige Einbahnstraße einmal um das Tal herum, sodass man nicht einfach mal schnell eine Einfahrt zurückfahren kann. Zum anderen ist das Visitor Center hier einfach nicht ausgeschildert. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht wollen die dort gar nicht gefunden werden? Anhand der dürftigen Beschilderung haben wir zumindest eine Vermutung, wo sich das Visitor Center befinden müsste und hier gibt es sogar drei große Parkplätze. Das müsste doch machbar sein! Ist es aber nicht, denn Parkplatz 1 ist eng und völlig überfüllt und Parkplätze 2 und 3 sind für RVs gesperrt. Na toll, und jetzt? Wir wollten doch auch gleich noch etwas einkaufen, weil unsere Wasservorräte zur Neige gehen, für morgen aber zwingend benötigt werden. Dann bleibt uns wohl nur, später mit dem Shuttlebus nochmal her zu fahren.

Also erstmal auf den Campingplatz, wo das Empfangshäuschen mit gleich drei Rangern besetzt ist, von denen einer Zettel mit üblichen Hinweisen zu Bären in der langen Warteschlange verteilt, einer einfach nur seinen beeindruckenden Weihnachtsmannbart zur Schau stellt und die dritte im Bunde durch unnötig langatmige Erklärungen versucht, die Warteschlange noch länger werden zu lassen. Ja, wir finden unsere Site schon, dafür musst du nicht den Weg auf der Karte mit dem Textmarker dreimal nachfahren und mir dann nochmal erklären; jetzt gib schon endlich den Zettel her, damit wir weiter können! Denke ich mir natürlich nur, während ich versuche, höflich zu lächeln. Unser Campingplatz für zwei Nächte ist ganz nett, auch wenn hier alles sehr eng beieinander ist. Auf jeden Fall steht nach der Erfahrung des heutigen Vormittags fest: Das Wohnmobil bleibt hier stehen, bis wir den Park übermorgen verlassen. Sinnvoll bewegen kann man sich hier mit dem RV nämlich nicht.

Es ist leider mal wieder ziemlich heiß und wir beschließen recht schnell, uns zum Shuttlebus zu begeben, um unsere restlichen Aufgaben für heute zu erledigen. Also ab über den nicht ganz offiziellen Weg hinter den letzten Zelten entlang zur Bushaltestelle. Nachdem wir einige Minuten im Schatten gesessen haben, weist uns eine nette Frau darauf hin, dass der Bus nicht fährt. Bitte was? Wir entdecken das unscheinbare Schild, dass dieses Haltestelle wegen Bauarbeiten nicht bedient wird. Das darf doch nicht wahr sein... Also gehen wir zu Fuß den guten Kilometer nach Curry Village, wo es neben einem festen Zeltdorf unter anderem auch einen Shop gibt. Kurz das Sortiment für später abgecheckt: Wasser gibt's und er hat lang genug geöffnet. Na wenigstens etwas! Darüber, dass wir das Wasser nachher zu Fuß zum Campground tragen müssen, denken wir lieber noch nicht nach.

Der Shuttlebus bringt uns schließlich dorthin, wo wir das Visitor Center vermuten. Dass für die Busse noch weitere Haltestellen gesperrt sind und eine Buslinie (von zweien!) damit komplett wegfällt, verwundert inzwischen keinen mehr... Jetzt aber ab ins Visitor Center! Nachdem wir die komische Beschilderung durchschaut haben, wissen wir immerhin das: Ein Visitor Center gibt's hier nicht, dafür aber ein Welcome Center, ein Exploration Center und ein Wilderness Center. Ahja, alles klar... Oder auch nicht. Zum Glück liegen sie alle fast nebeneinander und wir bekommen im Exploration Center endlich das gewünschte Heft. Wir schauen uns erstmal die Aufgaben an und wie fast nicht anders zu erwarten, müssen wir an einem Rangerprogramm teilnehmen. Gleich mal gucken, die Programme standen doch draußen dran... 

Moment mal, die dauern alle zwei bis vier Stunden und kosten auch noch Geld? Das ist doch nicht deren Ernst... Als ob Sophia sich bei 30 Grad nen zweistündigen Vortrag anhört, dazu noch in einer Sprache, die sie nicht versteht. Wir haben da auch keine Lust drauf. Da muss es doch noch was anderes geben... Draußen direkt neben dem Haus hat eine Rangerin ihren Tisch aufgebaut und wir sprechen sie einfach mal an - und haben Glück! Sie will sich nur ein bisschen unterhalten und sammelt auf ihrem Flipchart Entdeckungen, die man im Nationalpark so gemacht hat. Wir steuern ein Streifenhörnchen bei und das reicht dann auch schon, um ihre Unterschrift zu bekommen. Na bestens, in nicht mal fünf Minuten erledigt. Sie schickt uns noch zu ihrer Kollegin, die angeblich die größten aller Pinienzapfen auf ihrem Stand ausgestellt haben soll. Sie sind allerdings nicht so groß wie die, die wir gestern im Vorbeigehen auf dem Campingplatz gefunden haben. Wir hören trotzdem kurz zu und Sophia untersucht mit einer Lupe noch ausgiebig die verschiedenen Zapfen sowie Christophs Schuhe, bevor wir im klimatisierten Exploration Center das restliche Heft ausfüllen. Das Abzeichen können wir uns dann im Welcome Center abholen, wo Sophia den Schwur wieder nur mit einem energischen "Yes." bestätigen muss.

Nun geht es mit dem Shuttlebus zurück nach Curry Village für unseren Einkauf. Wir finden zwei große Wasserbehälter mit unserem Lieblingswasser Arrowhead, dazu noch ein paar kleinere Flaschen zum Umfüllen für die morgige Wanderung und ein paar Kleinigkeiten. Schon sind die Rucksäcke um einige Kilo schwerer, jeder nimmt einen Wasserbehälter in die Hand und auf geht's zu Fuß zum Campingplatz, weil der doofe Bus nicht fährt. Bei über 30 Grad einen guten Kilometer den Berg hoch... Ich könnte mir echt Schöneres vorstellen, aber es passt irgendwie zum Rest des Tages. Als ich überlege, was wir heute überhaupt so gemacht haben, fällt mir nur eine Abwandlung des berühmten Satzes aus Dirty Dancing ein: Ich habe eine Wassergallone getragen! Genau genommen sind es 2,5 Gallonen, also fast 10 Liter, die in einer Hand getragen auf dem langen Weg recht schwer werden. Kurz vor unserer Ankunft erfreut uns wenigstens noch ein Reh, das über den Weg hüpft.

Eigentlich wollten wir am Abend noch eine kurze Runde um einen See laufen, aber es ist inzwischen schon relativ spät, immer noch heiß und wir sind kaputt. Das machen wir vielleicht doch lieber morgen Abend in Ruhe. Unser Versuch, mittels angeworfenem Generator das Wohnmobil etwas abzukühlen und gleichzeitig unser Essen in der Mikrowelle zu erwärmen, scheitert am Generator, der nach wenigen Minuten einfach ausgeht und danach komplett streikt. Na gut, dann eben keine Klimaanlage und nur lauwarme Nudeln. Ich kann's ja verstehen; ich fand den Tag auch anstrengend... 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen