Den zweiten Tag in Folge klingelt unser Wecker halb 6. Heute heißt es: Nur schnell etwas überziehen und ab in Richtung Parkplatz für die heutige Vormittagswanderung. Zwar fahren wir aus dem Tal heraus, aber ob es weiter oben mit den Parkplätzen - insbesondere mit denen, die groß genug für unser Wohnmobil sind - besser aussieht, wissen wir nicht. Also lieber etwas früher gestartet, als sich dann zu ärgern. Außerdem lassen sich früh am Morgen auch besonders stimmungsvolle Bilder vom Yosemite Valley schießen.
Irgendwann kurz nach halb sieben kommen wir am Parkplatz an, auf dem es dankenswerterweise wieder gesonderte Stellplätze für Busse und RVs gibt, die alle noch frei sind. Also stellen wir unser Wohnmobil ab und lassen uns Zeit beim Anziehen, Frühstücken und den Wandervorbereitungen, während sich um uns herum die Stellplätze füllen.
Gegen halb 9 brechen wir schließlich in Richtung Taft Point auf. Der Weg führt uns zunächst ganz gemächlich durch einen Wald und hält wieder einige Flussquerungen bereit, die wir allesamt trockenen Fußes meistern. Später geht es über Felsen bis an den Rand der Klippen, von wo aus wir nochmal einen tollen Blick ins Yosemite Valley haben. Auch die Upper und Lower Yosemite Falls sieht man von hier aus mal in ihrer beeindruckenden vollen Größe.
Kurz vorm Aussichtspunkt treffen wir auf eine amerikanische Familie, die uns von da an einige Meilen mehr oder weniger begleitet, weil sich unser Weg aufgrund ähnlicher Tempi immer wieder kreuzt. Die vier Kinder im Alter von schätzungsweise 12 bis 16 Jahren erhalten von der Mutter permanent Anweisungen, wie sie sich zu verhalten haben. Zwar macht sie das ganz vorbildlich wie aus dem Erziehungsratgeber - immer in ruhigem Ton mit Erklärungen und Einfühlungsvermögen -, aber in einer Frequenz, dass selbst wir als Außenstehende es anstrengend finden. Irgendwann zwischen "Jason, wir gehen alle zusammen.", "Lydia, warte auf mich, ich muss erst sehen, wo du hingehst." und "Ich verstehe, dass ihr das doof findet, aber ich trage die Verantwortung für euch." kommen wir darin überein, dass sie das Ganze mit einer solchen Routine vorträgt, dass sie nur entweder Lehrerin oder Vollzeitmutter sein kann. Die Art, wie die Kinder das kommentar- und klaglos hinnehmen, spricht eher für die zweite Variante.
Auf dem Rückweg können wir uns entscheiden, ob wir die Wanderung noch um den Sentinel Dome erweitern. Da Christoph verspricht, dass die zu überwindenden Höhenmeter überschaubar sind, und wir heute nicht mehr so viel vorhaben, entscheiden wir uns dafür und setzen den Weg durch den Wald fort. Als eine gute Meile später der Aufstieg beginnt, haben Sophia und ich ordentlich mit unserer Motivation und Kondition zu kämpfen. Wir haben noch Muskelkater von den letzten Wanderungen und eigentlich gar keine Lust, schon wieder irgendwo hochzuklettern. Aber großartig eine andere Wahl haben wir nun auch nicht; immerhin wäre umzukehren inzwischen der weitere Weg. Die schöne Umgebung und die Aussicht auf einen tollen Blick und eine wohlverdiente Pause tun dann ihr Übriges und so schaffen wir natürlich auch den Aufstieg auf den Sentinel Dome. Wie erhofft haben wir hier oben einen tollen Weitblick mit dem berühmten Half Dome im Mittelpunkt.
Und noch einmal alles zusammen als Panorama-Aufnahme:
Nach einem Päuschen mit diesem grandiosen Ausblick geht's auf dem schnellsten Wege zurück zum Wohnmobil. Uns steht heute noch eine etwas längere Fahrstrecke bevor, wobei Christoph auf halbem Weg zwischen Yosemite und Sequoia National Park einen Campingplatz an einem See reserviert hat - nach seiner Aussage haben wir den besten Platz des gesamten Campgrounds. Na, da sind wir mal gespannt...
Nach der ungewöhnlichen Wärme im Yosemite, mit der wir nicht gerechnet hatten, erwarten wir in den kommenden Tagen endlich die versprochene Abkühlung. Heute wird es damit vermutlich noch nicht klappen, da unsere Übernachtungsstätte noch nicht hoch genug gelegen ist. Dies zeigt sich dann auch, als wir am frühen Abend zum Essen in Fresno Halt machen: Es ist 18 Uhr und die Temperatur liegt bei 40 Grad Celsius! Vielleicht ist es am See ein paar Meilen weiter draußen ja kühler? Schnell das Internet befragt und die überaus ernüchternde Antwort erhalten: Am Millerton Lake sind gerade 41 Grad. Was soll man da noch sagen...
Am Campingplatz angekommen sind wir gespannt auf Christophs Superstellplatz. Als wir um eine Kurve fahren, weist er grob in Richtung einer kleinen Insel und meint, irgendwo dort müsse es sein. Ich erwidere noch im Scherz, dass es doch hoffentlich nicht die Insel selbst sein wird, denn diese scheint tatsächlich mit Tischkombination und Feuerschale ausgestattet zu sein, allerdings nicht mit einer Brücke. Wenige Sekunden später dann die Erkenntnis: Doch, genau das ist unsere Super-Campsite! Leider steht das Wasser ungewöhnlich hoch und die Zufahrt ist daher überschwemmt. Upsi... Und nun? Christoph testet den Weg mit Sandalen; das Wasser ist zum Glück nur etwas mehr als knöchelhoch. Also vorsichtig durchfahren und schon stehen wir auf unserer eigenen kleinen Insel. Das hat doch mal was!
Sodann kurz gecheckt, ob man hier baden darf - ja, darf man. Was soll man auch sonst machen bei den Temperaturen? Die schon im Koffer verstauten Badesachen nochmal rausgekramt und ab ins kühle Nass. Wenigstens etwas Erfrischung!
Da wir das Seewasser im Anschluss gern restlos abwaschen wollen und ich mich sowieso schon wieder seit Tagen darauf freue, heißt es danach noch duschen. Ein Blick in die Räumlichkeiten offenbart aber, dass man Quarters braucht, die wir nicht mehr haben. Einen Wechselautomaten gibt's auch nicht. Einzige Möglichkeit: Mit dem Wohnmobil zurück zum Eingang. Also alles wieder fahrtüchtig machen, von den Klötzen runterfahren, wieder durchs Wasser zurück, und das alles bei der Hitze - ich bin echt genervt! Kann man denn so etwas nicht am Eingang sagen? Wenigstens ist es kein Problem, dort Geld zu wechseln und so machen sich Sophia und Christoph kurze Zeit später gemeinsam auf den Weg in die Dusche, während ich das Wohnmobil auf Vordermann bringe. Christoph hat sich heute breitschlagen lassen, das Duschen mit Sophia zu übernehmen - und wird das gleich bitter bereuen! In den Duschen leben nämlich Frösche. Und zwar so einige! Zur besseren Vorstellung: Der Duschbereich ist vielleicht einen Quadratmeter groß mit einem kleinen, nicht abgetrennten Vorraum von nochmal eineinhalb Quadratmetern. Nicht viel Platz also für zwei Personen und etwa 20 Frösche. Und wenn man dann das Wasser aufdreht, dann krabbeln sie im Duschbereich an den Wänden hoch, sitzen auf Kopfhöhe rum und gucken einen an, als wollten sie dir jeden Moment ins Gesicht springen. Das Wasser läuft auch nicht gut ab und aus dem Abfluss kommen dann zu allem Überfluss noch mehr Frösche gekrochen... Die beiden schaffen es zwar, sich zu säubern, aber ich kann mir in etwa vorstellen, wie das abgelaufen ist. Zurück im Wohnmobil kann Sophia zum Glück schon wieder darüber lachen. Ich probiere also besser ein anderes Duschhaus, wo ich aber bis auf den verstopften Abfluss die gleichen Probleme habe. Entspannend war das jedenfalls nicht, aber immerhin eine im Nachhinein lustige Geschichte.
Da es im Wohnmobil unerträglich heiß ist und der Generator es wie üblich nicht schafft, die Klimaanlage länger als zwei Minuten in Betrieb zu halten, verbringen wir den restlichen Abend draußen. Nachdem unsere vermeintlich mexikanischen Campnachbarn zunächst Rapmusik über den See schallen lassen, wechseln sie mit untergehender Sonne zu stimmungsvollen Countryhits. So sitzen wir noch im Dunkeln auf einem Stein auf unserer kleinen Insel, lauschen den Wellen und der Musik und schauen in den Sternenhimmel. Um es mit den Worten aus einem Hörspiel von Petterson und Findus zu beschreiben: Und dann fehlte eigentlich nichts mehr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen