Dienstag, 4. Juni 2024

Tag 42 - Atemlos

Nachdem sich gestern Abend meine Erkältungsanzeichen stark verdichtet haben, geht es mir heute Morgen verhältnismäßig passabel. Die Stimme ist etwas belegt und ich fühle mich leicht verschleimt. Sonst ist nix. Also fahren wir in aller Frühe zum Sabrina Lake, von wo aus wir zum Blue Lake wandern wollen. Nicht ganz so anstrengend wie gestern und wir haben ja den ganzen Tag Zeit.

Nach Ankunft am Parkplatz wird noch gefrühstückt sowie kurz bis zum Erscheinen der Sonne ausgeruht und dann geht es auch schon los. Im Schneckentempo schieben wir uns endlos langsam vorwärts, um jede übermäßige Anstrengung zu vermeiden, was auch ganz gut funktioniert. Ohne merklich erhöhten Puls schlurfen wir Schritt für Schritt unserem Ziel immer näher. Dabei warten wiederholt kleine Balancierherausforderungen auf uns, die wir zur Vermeidung nasser Füße gern annehmen.

Stets im Blick natürlich: Der pittoreske Lake Sabrina.

Dann aber kommen wir zu einer Flussquerung, die unsere heutigen Möglichkeiten übersteigt: Ein rauschender Gebirgsbach, der mit Sophia an der Hand unmöglich trockenen Fußes überwunden werden kann. Ich probiere es mehrmals mit Balancieren, brauche aber meine beiden Hände auf jeden Fall selbst. Ein Scouting nach Alternativrouten verläuft ebenso erfolglos. Der verzweifelte Versuch, mit Felsbrocken eine Brücke zu bauen, scheitert erwartbar am fast knietiefen Wasser. Und barfuß möchte ich mich heute erkältungsbedingt auch nicht durch das eiskalte Schmelzwasser zittern.

Also hocken wir uns erstmal hin und essen etwas. Währenddessen erscheinen weitere Wanderer und wir beschließen, diese zunächst bei ihren Querungsversuchen zu beobachten. Die erste Dreiergruppe überlegt recht lange und entscheidet sich dann für den ungefährlichen, aber nassen Weg auf der linken Seite. Keine Wade bleibt trocken. So also nicht. Das zweite Trüppchen aus mehreren Jugendlichen nimmt den riskanteren Weg rechts über die Stöcke. Hier wird man nur bis zu den Knöcheln nass, aber der Dicke aus der Gruppe rutscht beim Ausstieg weg und nimmt ein erquickliches Vollbad im Bach bis er von seinen Kollegen gerettet wird. Okay, darauf kann ich auch verzichten. Das dritte Hiker-Team will ich mir sparen, aber Sophia möchte unbedingt schauen, ob es von denen wieder einen aufs Fressbrett legt. Also müssen wir noch warten und enttäuscht feststellen, dass Sophias Wunsch unerfüllt bleibt.

Dann geht es zurück. Ohne das in Vorfreude auf das bevorstehende Ziel ausgeschüttete Adrenalin fühle ich mich plötzlich gar nicht mehr gut. Der Schleim in den Atemwegen hat sich weiter verdichtet und ich kann fast gar nicht mehr sprechen. Vor allem aber fällt mir trotz leichtem Abstieg und sehr langsamem Gehen das Atmen fortwährend schwerer, wobei mir zusätzlich speiübel wird. Immer öfter brauche ich daher zwingend Verschnaufpausen, wobei ich mich nach dem Sitzen kaum wieder aufrichten kann. Eigentlich sind wir hinzu nur lächerliche 2,5 km geschlichen und haben dabei läppische 60 Höhenmeter überwunden, aber der Rückweg raubt mir regelrecht den Atem, wobei mein Puls unverändert ruhig bleibt. Auf dem letzten Kilometer muss mir Lisa sogar meinen Rucksack abnehmen, damit ich nicht umkippe.

Nach schier endlosem Zeitlupenmarsch erreichen wir zur allgemeinen Erleichterung doch noch den Camper und ich lasse mich hinten aufs Bett fallen. Das bessert die Lage etwas, aber nicht viel. Erst als wir wenig später losfahren und dabei Höhenmeter um Höhenmeter verlieren, geht es mir langsam wieder besser. Auf 1.800 Meter über dem Meeresspiegel ist es dann wieder halbwegs okay. Die Vermutung liegt nahe, dass Atemwegserkrankung in Kombination mit höhenbedingt verringertem Sauerstoffgehalt auf 3.000 Metern zu viel des Guten waren.

Für heute habe ich jedenfalls genug und ruhe mich aus. Nach einem kleinen Einkauf und einer halbstündigen Fahrt zum nächsten Campground werden nur noch Filme geschaut, Rummikub-Steine malträtiert und vor allem die längst überfälligen Blog-Beiträge der vergangenen Tage geschrieben.

Hoffentlich bin ich bald wieder halbwegs auskuriert. Mit der Notwendigkeit eines Schleichgangs kann ich umgehen. Aber was soll ich denn hier bitteschön machen, wenn nicht mal ein leichter Spaziergang möglich ist?

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