Samstag, 24. September 2022

Tag 22 - Difficult Hiking

7. Gastbeitrag:

Heute wollen wir besonders früh aufstehen, um den erwarteten Menschenmassen auf dem angepeilten Devil's Garden Trail zu entgehen. Also schlage ich planmäßig 5:00 Uhr die Augen auf. Aus dem Stein neben mir dröhnt es auf meine Anfrage hin indes lediglich, dass ja noch die Sterne am Himmel stehen, was zugegebenermaßen der Wahrheit entspricht. Also versuche ich es 5:15 Uhr, 5:30 Uhr und 5:45 Uhr nochmal, jeweils mit dem gleichem Ergebnis. Währenddessen höre ich mehrfach losfahrende Fahrzeuge, sodass ich schon damit rechne, dass wir wohl die letzten auf dem Campground sein werden. Also springe ich um 6:00 Uhr aus dem Bett und finde zu meiner Überraschung Sophia bereits erwacht vor. Mit vereinter Kraft schaffen es in den kommenden 15 Minuten beide Damen aus ihren Betten und nach kurzer Vorbereitung stehen wir dann tatsächlich 6:45 Uhr am Trailhead.

Die Gesamtwegstrecke des Loops beträgt etwas mehr als 11 km; wir sind aufgrund der Erfahrungen der letzten Wochen aber guten Mutes. Nach 20 Minuten erreichen wir forschen Schrittes auch schon den Pine Tree Arch.

Kurz danach geht die Sonne auf


und abermals wenig später sitzen wir vor dem filigranen Landscape Arch.


Nach einer kleinen Klettereinlage auf dem Hauptweg, während der Sophia ihre zu Beginn des Weges erfundene Geschichte über ihre kürzlich verstorbene Urgroßmutter Ella, die hier einen Schatz vergraben haben soll, weiterspinnt, entscheiden wir uns für einen Abstecher Richtung Partition Arch, den wir 15 Minuten später durchschreiten.


Sodann geht es zurück auf den Hauptweg und wir folgen der pittoresken Route Richtung Double O Arch, während der ich immer wieder Zeichen in den Sand zu malen habe, die die wahlweise dazumal 2- oder 8-jährige Uroma Ella für ihre spätere Urenkelin Sophia hinterlassen haben soll.

Kurz vor Erreichen des Doppel-Felsbogens fällt Sophia dann ein, dass ihre fiktive Uroma ja erst heute morgen verstorben ist, ihr treues, fliegendes Einhorn-Haustier indes noch nichts hiervon erfahren habe und es nunmehr an Sophia ist, diesem davon zu berichten. Von der Last der damit verbundenen Verantwortung überfordert, vergisst Sophia völlig die Schatzsuche und entwirft stattdessen immer neue Szenarien, die ihr geeignet erscheinen, dem am Boden zerstörten Einhorn Trost zu spenden.

Nach Verzehr meines Müsli-Riegels lässt sich Sophia indes zumindest von einem Bild mit dem imposanten Double O Arch überzeugen, den man im Übrigen unbedingt von der Rückseite fotografieren sollte.


Anschließend backt Sophia mehrere Sand-Donuts, während wir uns über unseren frühen Aufbruch freuen, durch den wir fast allen anderen Wanderern aus dem Weg gegangen sind. Anschließend beteilige ich mich am Backlehrgang und löse einen Sophia'schen Tobsuchtsanfall aus, da mein Donut unerhörterweise viel besser gelingt. Nachdem die kleine Bäckerin nochmal allein einen Kuss-Donut backen darf, ist der Ärger indes schon bald vergessen und wir entscheiden uns dafür, den Rückweg über den längeren Primitive Trail anzutreten, der mittels Schild als "Difficult Hiking" ausgewiesen ist.

Vor dem schwierigen Kletterabschnitt dieser Route treffen wir allerdings erstmal ein paar Rehe


und statten über einen Nebenweg dem Private Arch einen kurzen Besuch ab.

Außerdem entscheidet sich Sophia vernünftigerweise dafür, noch eine riesige Wurst in den roten Sand am Wegesrand zu legen, um jegliche Störungen ihres Kraxel-Fokusses zu vermeiden. Der unmittelbar nach der Entleerung einsetzenden Buddellust aufgrund der wieder erwachten Erinnerung an die vergessene Schatzsuche muss ich indes eine Absage erteilen.

Es folgt sodann eine Passage mit einigen an sich auch für Normalbürger durchaus gut schaffbaren Klettereinlagen, die indes mit einem 4-jährigen Kind im Schlepptau durchaus Potential für ein Feuerwerk akrobatischer Kunstfiguren bieten. So überwinden wir gemeinsam in einer scheinbar nie endenden künstlerischen Darbietung, die jedwede Aufführung von Circus Roncalli wie eine Kindergartenshow aussehen lässt, Hindernis um Hindernis. Mal muss ein Kind im Spagat über eine Schlucht gehoben, mal an einer Wand entlanggeschleift und mal pirrouettierend über einen Baumstamm gewirbelt werden. Einmal mag es mir nach einer Rutscheinlage nur knapp gelingen, meinen Abstieg nicht mittels Kopfsprung zu beenden, doch am Ende geht alles gut.


Also für uns. Auf dem weiteren Rückweg, begegnen uns auch schon zwei Sanitäter, die wohl weniger begabte Artisten 
-Aspiranten aus den Felsspalten zu kratzen haben.

Wieder auf dem Campingplatz angekommen, wundere ich mich über die angenehme Stille. Dr. Brumm von gegenüber, der gestern unter Ausschöpfung der Generatorzeiten allen Mitcampern den letzten Nerv mit seinem noch zu Sonnenuntergang tuckernden Monstermobil zu rauben versuchte, ist offenkundig mit selbigem entflohen, wohl um neuen Treibstoff für seine exzessive Generatornutzung zu beschaffen. Tatsächlich taucht er erst gegen 18:30 Uhr wieder auf, natürlich mit passender Geräuschkulisse, die ihn schon lange vor seiner Ankunft gebührend ankündigt. In Wirklichkeit - so wird mir in der Folge klar - ist sein Geheimnis gar nicht die überbordende Benutzung des Generators. Dr. Brumms böser Masterplan besteht schlicht darin, stundenlang mit laufendem Motor und zur Fahrbahn ausgerichtetem Auspuff auf seinem Campingplatz zu stehen. Leute gibt es, die gibt es gar nicht.

Sei es wie es sei. Wir lassen uns den Abend nicht verderben, essen Cornflakes, malen Rätsel in den Sand und genießen zum Ausklang noch den Sonnenuntergang von den Felswänden aus. Dann geht es schnell ab ins Bett, denn morgen wollen wir noch früher aufbrechen...

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