Freitag, 9. September 2022

Tag 5 - Von Rangern umzingelt

Unser Tag beginnt wie üblich mit dem Sonnenaufgang und der Frage, ob wir draußen frühstücken können. Da unser Campingplatz auf einer Höhe von etwa 2.700 Metern liegt, ist es nachts gut abgekühlt. Fürs Freiluftfrühstück reicht's trotzdem, auch wenn für Sophia eine lange Hose und zwei Jacken erforderlich sind. Sie beschwert sich allerdings nicht - im Gegenteil, sie will unbedingt draußen essen und spätestens mit dem ersten Löffel Pebbles ist sowieso alles andere egal.


Heute steht eine längere Wanderung auf dem Plan und wir sind etwas nervös. Nicht wegen der Wanderung an sich, sondern weil wir den Weg zum Trailhead eigentlich gar nicht befahren dürfen. Wir wussten das bereits vorher und auch hier vor Ort wird nochmal auf großen Schildern eindringlich darauf hingewiesen: Die Straße darf von Fahrzeugen mit einer Länge von über 24 Fuß nicht befahren werden. Unser Wohnmobil misst irgendwas zwischen 26 und 29 Fuß. Aber etwas anderes haben wir hier nicht geplant und uns die Strecke auch vorher auf Videos angeschaut; die Fahrt an sich dürfte kein Problem sein. Wir hoffen nur, auf keinen Ranger zu treffen...

So starten wir wie üblich recht früh und sind froh, dass der Campgroundhost hier immer "off duty" und ihm offensichtlich alles egal ist. Also schnell unerlaubter Weise nach rechts auf die Bergstraße abgebogen und schon schrauben wir uns langsam die Serpentinen nach oben. Es dauert gar nicht lange, da entdecke ich im Seitenspiegel einen weißen Pick-Up hinter uns. Christophs Frage, ob es ein Ranger ist, kann ich zunächst nicht beantworten, aber so viel Pech kann man doch wohl kaum haben, oder? Und doch, bei der Fahrt um die nächste Kurve erkenne ich einige ziemlich offiziell aussehende Zeichen an der Fahrzeugseite... Mist! Aber wer weiß, vielleicht ist es nur ein Versorgungsfahrzeug oder so. Der kleine Hoffnungsschimmer erlischt, als er seine Warnleuchten anwirft und trotz Überholverbot an uns vorbeirauscht. Doppelmist! Christoph sucht fieberhaft nach Ausreden und ich bin voll und ganz mit der Frage beschäftigt, wie ich mich als Fahrer nun wohl zu verhalten habe, wenn er uns gleich anhält. Doch zunächst ist unsere Aufregung umsonst, er schaltet seine Lichter aus und fährt einfach weiter. Ja klar, wie soll er uns auf dieser engen, kaum einsehbaren Straße auch anhalten? Und wenden können wir hier sowieso nicht. Er wird wohl oben am Parkplatz auf uns warten. Fluchend, nervös und weiterhin nach einer Lösung suchend fahren wir langsam weiter. Als der erste Parkplatz in Sicht kommt, sehen wir schon sein Auto da stehen. Mist! Mist! Mist! Im Schritttempo und vor Nervosität zitternd nähern wir uns dem Parkplatz. Im Näherkommen erkennen wir, dass er da steht und sich mit einem anderen Mann unterhält. Als der Ranger uns entdeckt, winkt er freundlich und widmet sich dann wieder seinem Gespräch. Wir sind völlig verdutzt und es dauert einen Moment, bis ich das Gaspedal wiederfinde, sodass wir schnell zu unserem Parkplatz fahren und ohne weitere Verzögerungen zu unserer Wanderung aufbrechen können.

Großes Ziel der heutigen Wanderung: die ältesten Bäume der Welt. Auf einem herrlichen Bergwanderweg geht es reichlich 2km bergauf, bis wir die ersten Bristlecone Pines (Grannenkiefern) erspähen. Die Exemplare hier sind bis zu 4.000 Jahre alt!

Oben bei den alten Kiefern machen wir eine längere Pause und treffen dort auf eine Rangerin, die sogar ein bisschen Deutsch spricht. Sie amüsiert sich ein wenig über Sophia, die bei bester Laune allerlei Quatsch von sich gibt, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

Auf dem Weg nach oben gab es gegen Ende bei Sophia ein kleines Motivationstief, aber nun ist sie wieder voll dabei, sodass wir uns entscheiden, die Wanderung noch um einen Rundweg zu verlängern, auf dem wir zwei Bergseen bestaunen können. Spätestens, als wir ihr sagen, dass der zweite See Stella Lake heißt, ist Sophia Feuer und Flamme - immerhin heißt ihr Puppe Stella (wenn sie nicht gerade Bella, Sina, Rapunzel oder noch anders heißt). Als wir am Abzweig in Richtung Seen eine Pause machen, kommt wieder die Rangerin an uns vorbei. Wieder ein kurzer Smalltalk und sie geht ihrer Wege. Als wir unsere Wanderung schließlich in Richtung Seen fortsetzen, treffen wir sie schon wieder - dieses Mal isst sie gerade ihr Lunch und wir gehen vorbei. Wir haben bereits alle Belanglosigkeiten ausgetauscht, sodass wir uns mit einem freundlichen (inzwischen eher peinlich berührten) Nicken und einem kurzen Gruß begnügen. Jetzt aber wirklich genug Ranger für heute!

Der Weg zum Theresa Lake ist nicht weit und auch wenn er offensichtlich weniger Wasser führt als üblich, ist er hübsch anzusehen und Sophia kühlt sich ein wenig die Füße ab. Beim Stella Lake ist es aber eindeutig noch schöner, sodass wir hier noch einige Zeit verweilen.

Auf dem Rückweg präsentiert unsere Tochter uns ihr neues Lieblingsspiel: Wir denken uns Quatsch aus! Von Steinen, die sich in Pudding verwandeln, über in die Wolken ragende Nadeln mit Mützen oben dran bis hin zu verrückten Tieren ist alles dabei. Ich bin froh, als Christoph und Sophia nach einiger Zeit dazu übergehen, sich selbst Lieder auszudenken und diese abwechselnd zum Besten zu geben. Dabei ist es erstaunlich, wie gut sie inzwischen schon Reime in die Lieder einbauen kann. Aber am lustigsten ist, dass sie als Füllwörter gern einfach ein "jaja" an das Ende eines Verses hängt, wenn ihr nichts anderes einfällt. Das geht dann in etwa so: "Mitten auf dem Tisch steht ein bunter Blumenstrauß, jaja - sie stehen in einer Vase mit Wasser, jaja..."

Zurück am Campingplatz sind wir sehr froh, dass es mit dieser schönen Wanderung doch noch geklappt hat und Sophia ist zu Recht stolz auf sich, dass sie so gut mitgewandert ist. Wir füllen noch die letzten Seiten in ihrem Junior-Ranger-Heft, spielen, rätseln und genießen den letzten Abend auf diesem sehr schönen Campingplatz. 

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