Dienstag, 20. September 2022

Tag 19 - Lieber stechen als stürzen

6. Gastbeitrag:

Das schier Undenkbare geschieht: Nach dem Aufstehen bei strahlendem Sonnenschein gibt mir Lisa recht, dass die Lufttemperatur geeignet ist, ohne Schneeanzug und Polarausrüstung außerhalb des Wohnmobils zu frühstücken. Doch leider ist mir diese Genugtuung nur wenige Sekunden vergönnt. Kaum habe ich den Frühstückstisch gedeckt, zieht sich wie aus dem Nichts binnen kürzester Zeit der Himmel zu und eine Windböe trägt unsere Sitzunterlagen davon, während ich mich verzweifelt auf unsere Pebbles stürze, um zu retten, was zu retten ist. Keine zwei Minuten später sitzen mir meine beiden Frostbeulen wieder in gewohnter Polarmontur gegenüber und schieben sich fröstelnd ihr Frühstück rein.

Auf geht es raus aus dem Dinosaur National Monument - Fossil Bone Quarry und eine halbe Stunde später wieder rein in das Dinosaur National Monument - Canyon Area. Dort führt eine über 30 Meilen lange Stichstraße zum Harper's Corner Trail, der Ausblicke auf den Green River und den Yampa River sowie die zugehörige Canyonlandschaft nebst dem bekannten Steamboat Rock bietet. Am Ende des Trails lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, durch das fotografietechnisch unvorteilhaft platzierte Sicherheitsgitter zu klettern und meine beiden Angstnasen bis zur vordersten Kante der Felsspitze zu führen.


Bis auf eine recht schmale Stelle in der Mitte der "inoffiziellen Zusatzetappe" ist das Ganze eigentlich kein Problem, aber Lisas angsterfüllte Mahnungen und Warnungen bleiben unser steter Begleiter. Selbst Sophia wiederholt immer wieder gebetsmühlenartig das an die Gefahrenpole Stachelsträucher und Abgründe angelehnte Mantra "Lieber stechen als stürzen."

Der Stein des Anstoßes - die ungesicherte Felsspitze:


Etwa auf halber Strecke der Stichstraße zum Trailhead liegt übrigens das idyllische 1-Mann-Örtchen "Robinson's Place", in dem ein offenbar frenetischer Anhänger Dirty Donald's versucht, auf eine weitere Amtszeit des großartigsten Präsidenten aller Zeiten einzustimmen. Naja, hier im Nirgendwo kann er das ja gern machen.

Nach der Wanderung folgt eine weitere längere Fahretappe Richtung Grand Junction, die mit einer halbstündigen wilden Serpentinen-Fahrt endet, während der ich auf Wunsch einer einzelnen Person wie gebannt auf das Tablet zu starren habe, um die richtige Ausführung eines Ausmal-Spiels zu überwachen und bei Bedarf die Schönheit der Maldarbietung zu preisen. Nur mit Mühe gelingt es mir, die kurz zuvor verspeisten Minibrezeln in meinem Körper zu halten.

Anschließend gibt es ein für alle erfreuliches Mittagessen im Olive Garden und gegen 18:00 Uhr stehen wir auch schon auf unserer Campsite im Colorado National Monument, die normalerweise einen traumhaften Blick über die Stadt am Fuße des Schutzgebiets bietet. Da es heute Abend bis morgen Nachmittag dauerhaft regnen soll, werden wir davon allerdings nicht allzu viel haben. Naja, für ein schnelles Foto im Nieselregen reicht es immerhin...


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