Sophia weckt uns halb 6, weil sie auf Toilette muss. Während sie danach seelenruhig weiterschnarcht - ist ja immerhin noch stockdunkel draußen -, kann ich leider nicht wieder einschlafen. Aufzustehen lohnt sich aber ausgerechnet heute auch nicht, denn wir haben nichts Wichtiges vor. Im Gegenteil: Es ist schlechtes Wetter vorhergesagt und es wird so ein typischer Rumdümpeltag, der eben auch mal sein muss. Als wir uns gegen 8 zum Frühstück nach draußen bewegen, erwischen wir sogar noch die letzten Sonnenflecken und die Temperaturen sind auch angenehm. Wirklich schade, dass wir unseren tollen Campingplatz nicht so richtig ausnutzen konnten, denn die Aussicht ist spitze.
Als wir abfahrbereit sind, ist es sogar noch zu früh für den Besuch im Visitor Center, da dieses erst um 9 öffnet. Also machen wir noch einen Spaziergang zum Canyonrand und bestaunen die riesigen Felsnadeln. Der Himmel ist bedeckt, aber immerhin regnet es nicht.
Im Visitor Center holen wir anschließend das Heft für den Junior Ranger ab und stellen etwas erleichtert fest, dass es keine allzu großen Anforderungen stellt. Wir machen eine weitere Miniwanderung zum Canyonrand, bevor es anfängt zu regnen. Damit können wir die Aufgabe, einen Trail zu gehen, auch schon abhaken. Wir füllen in aller Ruhe die restlichen Seiten im Booklet aus und holen uns anschließend das Junior-Ranger-Abzeichen im Visitor Center ab. Damit ist das Colorado National Monument für diesen Urlaub auch schon abgehakt.
Vollgetankt und mit frischen Bagels aus dem Bagelladen ausgestattet machen wir uns auf den Weg in Richtung Moab. Unterwegs regnet es und ansonsten passiert nicht viel. Sophia erfindet irgendwelche Geschichten mit den Figuren in ihren Stickerbüchern, erwartet aber zum Glück nicht, dass wir ihr gebannt zuhören. Kurz vor Moab umgeben uns dann endgültig wieder die roten Felsen, die für diese Gegend so typisch sind, und wir erkennen die Ausläufer des Canyonlands und Arches National Park. Kurz vor Moab biegen wir aber nach rechts ab. Unser Ziel: Hoffentlich eine freie Site auf einem der sehr kleinen Campingplätze entlang des Colorado River ergattern. Aufgrund unserer kleinen Planungsänderung haben wir nämlich für heute noch keinen festen Übernachtungsplatz. Bei unserem letzten Versuch vor einigen Jahren, hier spontan einen Platz zu finden (damals mit SUV und Zelt) war alles hoffnungslos überfüllt. Aber dieses Mal haben wir Glück und finden schnell einen schönen Platz.
Das Problem: Hier funktioniert alles noch ganz altmodisch mit Briefumschlägen, in die man passend die Campingplatzgebühren reinpackt und diesen dann in eine Box einwirft. An den meisten Campingplätzen kann man inzwischen entweder online buchen und bezahlen oder hat vor Ort eine Bezahlmöglichkeit mit Kreditkarte. Hier aber eben nicht und damit beginnt unsere Odyssee. Christoph hat aus unerfindlichen Gründen die Bagel am Vormittag mit Bargeld bezahlt. Nun hocken wir also im Wohnmobil und kratzen die letzten Münzen zusammen, die wir uns eigentlich für die nächste Laundrynutzung aufgehoben haben. Wir haben 13 Dollar in Scheinen und die restlichen 7 Dollar in Kleingeld mit Münzen von maximal 25 Cent. Dementsprechend dick wird der Briefumschlag und es kommt, wie es kommen musste: Der vollgepackte Briefumschlag bleibt im Schlitz der Box stecken und lässt sich weder komplett reinstecken noch wieder herausziehen. Christoph ist an dieser Stelle schon dezent genervt, steht da vor diesem briefkastenähnlichen Ding und kann sich nicht entscheiden, ob er ziehen oder drücken soll und überhaupt, warum sind die Umschläge aus so dünnem Papier? Außerdem rennt uns die Zeit davon, immerhin sollte man innerhalb von 30 Minuten bezahlen. Wen genau das hier interessieren sollte, bleibt ein Geheimnis, aber wer weiß, vielleicht werden wir ja heimlich gefilmt auf diesem primitiven Campingplatz, auf dem es nicht mal Wasser auf den Toiletten gibt? Wir entscheiden uns jedenfalls, den Briefumschlag aufzureißen, um erstmal die Scheine zu retten sowie die Münzen, die sich noch außerhalb der Box befinden, den Rest lassen wir reinfallen. Das war wohl nix! (Dass wir nach dieser Aktion natürlich erstmal nachzählen, wieviel Geld noch im Umschlag ist, um zu wissen, wieviel Geld zusammen mit einem kleinen abgefetzten Stück des Briefumschlags irgendwo am Boden der Box liegt, um uns diesen Betrag für künftige Bezahlversuche als bereits bezahlt anzurechnen, muss ich wohl nicht erwähnen...)
Neuer Versuch: Wir stecken nur unsere Dollarscheine in den Umschlag und schreiben darauf, dass wir den Rest in einen zweiten Umschlag stecken, sobald wir in Moab Bargeld geholt haben. Ich vermute, wir sind mal wieder die einzigen Trottel, die sich darüber überhaupt Gedanken machen. Der Campgroundhost, der selbstverständlich "off duty" und nicht vor Ort ist, wird wohl kaum mehrmals täglich seine Geldbox öffnen und gierig seine Münzen zählen. Im Übrigen sind 80 Prozent der Plätze hier zu diesem Zeitpunkt unbesetzt (was sich bei unserer Rückkehr am Abend auch noch nicht signifikant geändert hat), sodass auch kein Grund bestünde, uns rauszuwerfen, weil wir erst einen Teil der Übernachtungsgebühr gezahlt haben. Aber da können wir nicht aus unserer deutschen Haut; Ordnung muss sein!
Nach einer längeren Pause am Straßenrand einige Meilen zurück, wo die Felswände nicht mehr den Internetempfang blockieren, essen wir in Moab eine leckere Pizza, nur um anschließend auf dem Parkplatz eine weitere Pause einzulegen. Wobei, Pause klingt so, als hätten wir irgendetwas gemacht, wovon wir uns erholen müssten, was (leider) nicht der Fall ist. Vielmehr ist es ein weiterer Zeitvertreib, um den regnerischen Tag rumzukriegen. Nach einem von Sophias Hörspielen und einigen Ausmalbildern holen wir noch Bargeld, kaufen ein und leeren die Schmutzwassertanks. Wenigstens habe ich heute endlich mal die Zeit, Christophs besonders modebewusste Auswahl an Schutzhandschuhen für die Nachwelt fotografisch festzuhalten!
Zurück am Campingplatz freuen wir uns über die Ruhe, Sophia isst noch Abendbrot und das wars. So richtig was geschafft haben wir heute nicht, sind aber trotzdem irgendwie müde und genervt. Umso mehr freuen wir uns darauf, dass der morgige Tag - sofern das Wetter mitspielt - direkt mit einer Wanderung startet. Endlich wieder was zu tun und zu sehen! Und selbstverständlich haben wir bei unserer Rückkehr den zweiten Geldumschlag mit den verbliebenen Dollarscheinen in die Box geworfen - natürlich nicht ohne schriftliche Erklärung, warum es zwei Umschläge sind und wie diese zusammengehören. Muss schließlich alles seine Ordnung haben.
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