Zuerst soll es zum "Long Dong Silver"-Spire gehen, dessen ehrwürdiger Name tatsächlich nicht meiner unappetitlichen Fantasie entspringt. Er heißt halt wirklich so. Bitte liebe Kinder: Googelt diesen Namen nicht - vor allem nicht als Bildersuche ohne Safe Search! Es gibt durchaus anatomische Gegebenheiten, von denen man sich nicht unbedingt selbst ein Bild machen muss. Aber genug der Warnung und zurück zum Spire: Nach nur zwei Meilen Lehmpiste und einem guten Kilometer zu Fuße stehen wir nämlich bereits vor ihm und können den Ausblick ob seines verhältnismäßig geringen Bekanntheitsgrads ganz für uns allein genießen.
Auf dem Rückweg kommen uns gleichwohl unerwartet gleich drei weitere Grüppchen entgegen, deren näherer Bekanntschaft wir erfreulicherweise entgangen sind. Im Übrigen beschränken sich die Geschehnisse des Spaziergangs zurück zum Auto darauf, dass ich wiederholt Lisa dafür preisen muss, diesen Ort vorab als Erste im Internet ausgekundschaftet zu haben (Unter Eingabe welcher Begriffe mag sie nur darauf gestoßen sein?), während Sophia neben uns lauthals wiehert und dabei einen informativen Vortrag zum Thema "Hierarchische Strukturen in der Einhorngesellschaft - von Fliegern, Läufern und Buddlern" hält.
Nächstes Ziel: der Moonscape Overlook. Also vier Meilen auf dem Highway zurück und dann der nächsten Dirtroad rechtsseitig einige Meilen folgen. Alles keine wirkliche Herausforderung für unsere tolle "Sabrina", der ich leider verabsäumt habe, einen wirklichen coolen Jeep-Namen zu verleihen. Auf dem Weg zur Abbruchkante durchsteht Sophia einmal mehr eine Nahtod-Erfahrung, weil ein Hund nicht nur böse schaut, sondern sich ihr auch noch auf fünf Meter nähert. Nachdem sie sich wieder beruhigt hat, können wir beim Verzehr eines Bagels den Ausblick genießen, der wirklich traumhaft ist.
Drei Ärgernisse schmälern indes den Genuss. Erstens: Zwei Instagrammer, die unter Gebrauch holländisch intonierten Schnalzlaut-Sprache krass-derbe Reels recorden und dabei alle möglichen "In Love"-Posen einnehmen, nur um nach Beendigung jeder Aufnahme die vorab widernatürlich heiter verzerrten Gesichtszüge wieder einer steinernen Maske weichen zu lassen. Zweitens: Der obligatorische Drohnen-Chinese, der die romantische Stimmung akustisch passend mit einem hochfrequenten "Brrrriiimmmmmm"-Geräusch untermalt. Und drittens: Lisas völlig unverständliches Verbot, den Weg zur Fotoposition zu begehen, weil ihre weibliche Intuition ihr angeblich Schlimmes verheißen würde. Als Sophia auf meine Nachfrage zu den Konsequenzen eines Verstoßes mitteilt, dass ich dann "Schläge auf den Kopf" bekäme, füge ich mich verbittert in mein Schicksal. Hier die angeblich verhängnisvolle Felsnase, die unerklärlicherweise sogar ein 150-Kilogramm-Koloss vor unser aller Augen leichtfüßig im Laufschritt beschreiten konnte:
Dritter Tagespunkt: Erstmal nichts. Tatsächlich waren wir mit allem so viel schneller fertig als gedacht, dass ich nichts mehr auf dem Plan stehen habe. Ins nahgelegene Cathedral Valley will Lisa auch nicht nochmal, da sie dort im Zuge ihrer Dirtroad-Abschlussprüfung 2015 eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hatte. Also ist es Zeit für eine kurze Runde Solo-Brainstorming, bei der meine linke Gehirnhälfte den brauchbaren Vorschlag Arsenic Arch beisteuert, der irgendwo noch ganz tief im Hirnstamm schlummerte. Straßenverhältnisse und Länge der Wanderung sind mir zwar nicht mehr erinnerlich, aber irgendwas Sinnvolles müssen wir ja noch machen. Das Einzige, was mir noch im Kopf herumschwebt, ist "gefährlicher Abstieg", was ich aber erstmal für mich behalte. Als ich am Startpunkt der Wanderung, also mitten im Nichts am Rande einer Dirtroad, deren Name auf irgendwas mit "Truthahn" lautet, das Klettergeschirr im Rucksack verstaue, wird Lisa gleichwohl etwas misstrauisch. Im Ergebnis waren die Vorkehrungen und Bedenken indes wie so oft unnötig. Auf dem vorab erscouteten Weg nach unten genügt ein paar Mal fest die Händchen halten, um Schlimmeres zu verhindern. Und da steht er dann auch schon nach nur zwei Kilometern Wanderung bei bestem Wetter und sieht gut aus: Der Arsenic Arch.
Mutterseelenallein genießen wir hier für 30 Minuten die Stille und Aussicht bis wir uns auf den Rückweg machen. Hochzu ist Sophia leider etwas zu forsch unterwegs und schliddert daher einen Meter die soeben erklommene Felswand auf dem Bauch liegend wieder nach unten, bevor ich ihre Rutschpartie stoppen kann. Bis auf ein paar Schürfwunden ist ihr aber nichts passiert.
Dann geht es zurück zum Campground, wo wir etwas faden Reis und leckere Käsebrezelstücke verspeisen. Anschließend wird noch das unvermeidliche Rumikub ausgepackt, ein Grüppchen Rehe beobachtet und gelesen. Dann legen wir uns schon früh ins Bett, da wir morgen um 7:00 Uhr aufstehen müssen, wenn wir die vorgesehene Wanderung noch vor dem Check-Out schaffen wollen. Wie es mir aber gelingen soll, meine Trantüten bereits kurz nach Sonnenaufgang aus den Betten zu werfen, ist mir aktuell noch völlig schleierhaft.
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