Mittwoch, 22. Mai 2024

Tag 29 - Road to Hell

Wir starten heute mal wieder zeitig in den Tag, denn wir haben einiges vor: Die sogenannte Road to Hana steht auf dem Plan. Der Hana Highway ist nicht nur als landschaftlich tolle, sehr verwundene Strecke bekannt, sondern birgt auch jede Menge sehenswerte Zwischenziele, so heißt es. Es heißt allerdings auch, dass es eine Weile dauert und nicht immer leicht ist, die über 60 Meilen lange Straße mit ihren fast ebenso vielen Brücken zu fahren. Außerdem soll im Laufe des Tages hier auch recht viel los sein, sodass sich ein früher Start mal wieder auszahlen sollte.

Gut gelaunt und zuversichtlich machen wir uns daher morgens auf den Weg und es dauert auch nicht lang, bis die Strecke immer kurviger wird. Die Straße besteht zum größten Teil aus 180-Grad-Kurven und Einbahnbrücken sowie diversen weiteren Engstellen, an denen derjenige zuerst fahren darf, der zuerst da ist. Ausgenommen von dieser Regelung sind scheinbar Einheimische, die man an ihren großen Pickups und dem rasanten Fahrstil erkennt: Diesen sollte man tunlichst den Vortritt lassen und die Reiseführer empfehlen auch übereinstimmend, den Locals so bald wie möglich einen Überholvorgang zu ermöglichen. Macht sich halt nicht besonders gut auf einer extrem kurvigen Straße, die in weiten Teilen ohnehin so schmal ist, dass man beim Passieren des Gegenverkehrs automatisch die Augen schließt und die Luft anhält in der Hoffnung, dass man schon irgendwie gerade so aneinander vorbei passt...

Die Fahrerei an sich ist also heute nicht gerade entspannt, aber eine schicke Wegführung durch den Regenwald und mit gelegentlichen Küstenausblicken ist es schon. Erster Zwischenstopp ist dann eine kleine Gruppe von Regenbogen-Eukalyptusbäumen, die am Straßenrand stehen. Mit ihrer bunt gestreiften Rinde ein echter Hingucker!

Nächster Halt: Eine Wanderung zu den Punalau Falls. Auch ein kleines Secret, das Christoph im Reiseführer aus unserer letzten Unterkunft entdeckt hat. An der Haltebucht am Straßenrand sind wir allein, da hier von der Straße aus nichts zu sehen und auch nichts ausgeschildert ist. So machen wir uns allein auf den kurzen, aber sehr schwierigen Weg. Erst geht es kurz auf einem Trampelpfad mitten durch den Regenwald, was für sich schon ein kleines Abenteuer ist. Dann am Fluss entlang und auch über den Fluss drüber, was aufgrund der extrem glitschigen Steine und Sophias geringer Beinreichweite eine echte Herausforderung ist. Wir schaffen es nicht ganz trockenen Fußes, aber es ist ja ohnehin sehr warm und der Weg nur kurz. Schon stehen wir vor dem Wasserfall.

Ziemlich cooler kleiner Abstecher, auch wenn ich auf dem Rückweg natürlich nochmal so richtig ins Wasser tapse und nun komplett nasse Schuhe und Socken habe.

Ein paar Kurven weiter folgt eine kleine Höhle. Sophia will natürlich sofort wieder mit der Stirnlampe losziehen, was wir prompt auch tun. Die Höhle ist ziemlich kurz, sodass wir keine fünf Minuten bis zum Ausgang brauchen, den ein darüber stehender Baum mit seinen vielen Wurzeln für sich eingenommen hat. 

Langsam wird es auf der Straße merklich voller, was das Fahrerlebnis nicht besser macht. Hinzu kommen die sehr begrenzten Parkmöglichkeiten, die meist nur kleine Haltebuchten sind. So warten wir im weiteren Verlauf der Strecke an einem Miniparkplatz einige Minuten auf einen freien Platz, nur um dann festzustellen, dass der dort zu sehende Wasserfall ziemlich langweilig ist. Unser Versuch, über eine kleine Nebenstraße zu einem Aussichtspunkt an der Küste zu kommen, scheitert einige Meter vor dem Ziel an der recht eindrücklichen Beschilderung, wonach eine Weiterfahrt nur für Locals erlaubt und das Parken überall und hier im Besonderen absolut unerwünscht ist. Okay, okay, wir fahren ja schon wieder. Schade, dass dies nicht gleich zu Beginn der Strecke für uns ersichtlich war, sonst hätten wir uns den Umweg über diese noch viel engere Straße gleich erspart.

Irgendwie läuft das gerade nicht so wie erhofft. Christoph hat aber in Hana noch rote Strände im Angebot - einen supergeheimen und einen halb legalen. Wir versuchen es bei Nummer 1 und finden nach umständlicher Kraxelei... Nichts! Vermutlich steht das Wasser gerade zu hoch oder der Strand ist verschwunden, jedenfalls gibt es hier nur tosendes Wasser, das gegen die Klippen rauscht. Versuch Nummer 2: Kein freier Parkplatz und zu viele Menschen. Gerade ist echt der Wurm drin. Dazu die anstrengende Fahrerei, Hana selbst, das nicht besonders ansehnlich ist, und das Gefühl, als Tourist hier an vielen Stellen unerwünscht zu sein. Außerdem habe ich großen Hunger und wir keine verwertbaren Vorräte mehr, was mindestens eine mittlere Katastrophe ist. Wir entscheiden uns, zunächst etwas zu essen, bevor wir zu unserer Reservierung in einem nahegelegenen State Park aufbrechen. Immerhin das Essen klappt - zwar erst im zweiten Anlauf und auch dann eigentlich noch im falschen Restaurant, aber das ist ja heute fast schon ein Sieg.

Dann ab in den Waiʻānapanapa State Park, bei dem man vorab ein dreistündiges Zeitfenster reservieren muss, in dem man sich dort aufhalten darf. Am Eingang stehend wollen wir ganz cool unsere auf dem Smartphone abgespeicherte Bestätigung vorzeigen, aber sie ist weg. Hä? Sie befindet sich seit zwei Monaten fest abgespeichert und sortiert zusammen mit jeder Menge anderen Reiseunterlagen in einem Ordner, aus dem wir sie gestern noch aufgerufen haben. Nun ist sie verschwunden. Einfach so, zusammen mit dem Reiseplan. Alle anderen Unterlagen sind noch da, nur diese beiden fehlen. Da die Schlange hinter uns immer länger wird, werden wir gebeten, zu wenden und zurück zu fahren bis zum nächsten Punkt mit Internetempfang, was wir fluchend tun. Auf dem Weg dahin kommt Christoph plötzlich die rettende Idee: Er hat die Bestätigung zusätzlich ausgedruckt! Also wieder umgedreht und stolz unser altmodisches Blatt Papier vorgezeigt, nur um dann festzustellen, dass wir auch jeden anderen Barcode hätten hinhalten können, weil dieser nicht etwa ausgelesen, sondern nur von der lustlosen Hawaiianerin am Einlass abgenickt wird. Dass Christoph die kommenden Tage und Wochen (und wahrscheinlich noch Jahre) darauf herumreiten wird, dass uns das Ausdrucken hier gerettet hat, versteht sich von selbst... Jedenfalls haben wir es nun geschafft, finden einen Parkplatz und stellen fest, dass das nun schon wieder so gar nicht unser Ding ist: Ein wirklich schöner, aber auch wirklich kleiner Strand, an dem sich viel zu viele Menschen tummeln. Eigentlich ist das hier eher ein Fotospot als ein Badestrand und im Gegensatz zu hunderten anderen Stränden in der Gegend braucht man eine Reservierung und muss Geld bezahlen. Das hält die Leute aber nicht davon ab, sich hier mit ihrem Klappstuhl auf die schwarzen Steine zu setzen oder sich nebeneinander in die Fluten zu stellen, während zwischendrin ein paar Verrückte angeln. Wir sind echt enttäuscht, kühlen zumindest unsere Füße kurz ab und gehen eine kleine Runde an den Klippen entlang, wo wenigstens nicht ganz so viel los ist.

Genervt von den letzten "Erlebnissen" entscheiden wir uns, erstmal unsere heutige Unterkunft aufzusuchen und gegen Abend nochmal unser Glück am zweiten roten Strand zu probieren. Die Unterkunft passt jedenfalls zu unserem bisherigen Tag. Sagen wir es so: Wir schlafen heute lieber zu dritt im Bett, weil wir Sophia keine Nacht auf diesem Sofa zumuten wollen.

Aber wenigstens einmal haben wir heute noch Glück: Unser Plan mit dem abendlichen Besuch des roten Strandes geht auf. Der Weg am Steilufer entlang ist eher nichts für Leichtsinnige oder Betrunkene, aber die kleine Bucht ist wunderschön und wenig besucht. Am Ende sind wir sogar allein dort und das Beste: Die vorgelagerten Felsen im Wasser schwächen die Wellen so stark ab, dass Sophia endlich mal wieder ein bisschen schwimmen kann.

Nun sind wir aber wirklich froh, dass dieser Tag doch noch einen versöhnlichen Abschluss hatte. Nur auf die Rückkehr in unsere lumpige Unterkunft haben wir so gar keine Lust. Die Beschreibung von Airbnb ließ (vielleicht infolge mangelnder Übersetzungsfähigkeiten) hierzu übrigens Folgendes verlauten: "Wir können nicht garantieren, dass Sie keinen Einlauf mit einem Spinnennetz haben." Na, das kann ja eine Nacht werden... 

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