Freitag, 30. September 2022

Tag 29 - Wo sind all' die Blumen hin?

Ein letztes Mal wachen wir auf einem schönen Campingplatz auf - auch wenn es hier im Zion National Park zugegebenermaßen schon recht eng ist. Christoph deckt wie üblich draußen den Frühstückstisch, aber während Sophia und ich uns noch fertig machen, überlegt er es sich anders und schleppt alles wieder nach drinnen. Nach nur 29 Tagen hat er also endlich verstanden, ab wann es uns zu kalt für ein gemütliches Outdoorfrühstück ist - dachte ich zumindest. Der eigentliche Grund waren aber zahlreiche Wespen, die draußen unseren Tisch umschwirrten. 

Wir begeben uns anschließend mitsamt Gefährt zum Oversizeparking und ergattern mit viel Glück den letzten verfügbaren Platz. Danach holen wir im Visitor Center endlich das Junior-Ranger-Booklet ab, was länger dauert als nötig, da die ewigen Schlangen fast ausschließlich aus Touristen bestehen, die offensichtlich des Kartenlesens nicht mächtig sind und daher vom Ranger wissen wollen, welche Trails es gibt, wie lang die sind, wie man da hin kommt etc. Ist ja nicht so, dass hier alles hundertfach ausgeschildert ist... Jedenfalls schaffen wir es irgendwann und sitzen wenige Minuten später im Shuttlebus. Wir - im Bus! Das kommt dabei raus, wenn man Sophia die Entscheidung überlässt, was wir am letzten richtigen Urlaubstag machen wollen. Natürlich wollte sie unbedingt Bus fahren und hat auch wirklich Spaß dabei, während wir uns mal wieder fragen, warum es in öffentlichen Verkehrsmitteln häufig so riecht, als wäre der Großteil der Mitreisenden seit mindestens vier Wochen ungeduscht... An der riesigen Zion Lodge steigen wir aus und begeben uns auf eine kleine Wanderung zu den Emerald Pools. Direkt am Anfang entscheiden wir uns, den Loop anders herum zu gehen als alle anderen, die gerade mit uns aus dem Bus gestiegen sind. So haben wir eine recht ruhige Wanderung (vom weithin schallenden Lärm der Großbaustelle an der Lodge abgesehen) und genießen schöne Ausblicke in den Zioncanyon mit seinen beeindruckend steilen und hohen Felswänden in Rot und Weiß. 

An den Pools selbst sind dann natürlich wieder ein paar mehr Menschen unterwegs, aber schön anzusehen sind sie trotzdem.


Dass hier eigentlich zu viele Touristen unterwegs sind, merkt man auch den Tieren an: Die haben keinerlei Scheu und lassen sich von den Menschen kein bisschen stören. So können wir Eichhörnchen und Rehe aus nächster Nähe beobachten. Den Rückweg bewältigen wir - ganz zu Sophias Freude - ebenfalls mit dem Shuttlebus und füllen anschließend im Schatten vor dem Visitor Center das Heft für den Junior Ranger aus. Das letzte Abzeichen gibt es dann auch tatsächlich ohne Ablegen des lästigen Schwurs - Sophia ist froh und nun stolze Junior Rangerin in immerhin 10 National Parks und Monuments.

Nachdem wir noch schnell zu Fuß für das Foto zum Eingangsschild gelaufen sind und die Tatsache gewürdigt haben, dass dies unsere letzte Wanderung und unser letzter National Park in diesem Urlaub waren, geht es in etwa einer Stunde zunächst nach St. George, wo wir uns noch einmal die leckere Suppe nebst Salat im Olive Garden schmecken lassen. Unsere Zeitplanung passt perfekt, denn eigentlich wollen wir nebenbei in Ruhe unseren Online Check-In für den Rückflug erledigen. Nur leider funktioniert dieser nicht, weder über United Airlines noch über die Lufthansa direkt. Eine erneute Kontrolle unserer Mails sowie des Flugstatus liefert auch keine Erklärung. Nun gut, müssen wir es eben später wieder versuchen.

Zwei recht langweilige Fahrstunden später sind wir wieder in Las Vegas und haben Glück mit unserem Campingplatz: Wir bekommen hier um halb 6 noch den scheinbar letzten freien Platz, obwohl das Büro nur bis um 5 geöffnet haben soll. Der Platz an sich ist erwartungsgemäß schrecklich und hat nichts mit dem zu tun, was wir uns unter einem schönen Urlaubsplatz vorstellen, aber das wussten wir vorher und ist in der letzten Nacht eben so, wenn man nicht am Abgabetag des Wohnmobils noch eine längere Fahrt auf sich nehmen möchte. Und so freunden wir uns notgedrungen mit unserem kleinen Stückchen Asphalt neben hunderten anderen Campern ohne auch nur ein Fitzelchen Grün an. Unseren Nachbarn scheint es zu gefallen, die meisten von ihnen wohnen offensichtlich hier... Wenigstens klärt sich kurze Zeit später, warum unser Online Check-In zuvor nicht funktioniert hatte: Las Vegas liegt mal wieder in einer anderen Zeitzone, sodass wir einfach eine Stunde zu früh dran waren. Deswegen haben wir auch im Office am Campingplatz vermeintlich außerhalb der Öffnungszeiten noch jemanden angetroffen. Nun ist das aber geklärt, die Koffer sind gepackt, Sophia hat noch etwas im Pool geplanscht, wir waren noch duschen, haben einige Reste zum Abendessen vertilgt und hoffen nun auf etwas Schlaf trotz des Großstadtlärms und der bevorstehenden tropischen Nacht. Schade, dass das Ende eines solchen Urlaubs immer so anstrengend sein muss... 

Tag 28 - Tote ausbuddeln verboten

9. Gastbeitrag:

Kurz nach 7:00 Uhr stehe ich auf, verfrachte Sophia aus dem Alkoven zum Kuscheln zur Mama hinten und beginne noch einmal ohne viel Hoffnung auf Erfolg die Suche nach Bodo-Marika. Im Kühlschrank? Nein. Unter den Fahrersitzen? Nein. Eingeklemmt im Slide-out? Wieder nein. Mist, offenbar haben wir die arme Wurst wirklich im Cedar Breaks Visitor Center zurückgelassen. Da ich auch kein Netz habe, um dort anzurufen, mache ich halt erstmal Frühstück. An den Gedanken, meinen letzten Urlaubstag mit einer zusätzlichen dreistündigen Rettungsmissionsfahrt ins Cedar Breaks National Monument zu verbringen, habe ich mich bereits gewöhnt. 
Als Lisa Sophia dann auf ihren Platz neben dem Kindersitz heben will, geschieht das Unglaubliche. Sie wühlt kurz am Kindersitz rum und ... zieht die hässliche Fledermaus hinter der Sitzlehne hervor! Das dumme Tier hat sich offensichtlich trotz bitterer Tränen und verzweifelter Rufe am Vorabend einfach nur grinsend versteckt gehalten. Das hat ein Nachspiel, Bodo-Marika...

Aber nun geht es erst einmal los Richtung Zion National Park. Aufgrund der hohen Besucherzahlen und der wenig kindertauglichen Wanderungen hatte ich den Park ursprünglich nicht aufsuchen wollen, aber ein katastrophaler Felssturz im Sommer 2019 beschert uns nunmehr ungeahnte Möglichkeiten. Dazumal brach eine Felsklippe von etwa 31.000 Tonnen ca. 1000 Meter über dem Talboden ab, was zur dauerhaften Schließung mehrerer Trails, darunter auch dem Hauptweg zum wohl bekanntesten Aussichtspunkt des Parks, dem Observation Point, führte. Glücklicherweise gibt es indes einen weniger bekannten, in den offiziellen Park-Broschüren nicht beworbenen und nur über nicht ausgeschilderte Dirtroads erreichbaren zweiten Trail, der zudem mit 11 Kilometern etwas kürzer und vor allem wesentlich flacher als die - ursprüngliche - Hauptroute ist. Statt 700 gilt es nur etwa 100 Höhenmeter zu überwinden. Das dürfte trotz erwarteter 30 Grad Celsius auch mit Sophia im Rahmen des Möglichen liegen. Und wann hat man schon mal die Chance, den Observation Point ohne unzählige nervige Miturlauber zu erleben?

Kurz vor dem Osteingang des Zion National Parks biegen wir daher nach rechts Richtung Ponderosa Ranch Resort ab, um unser dort im Vorfeld gebuchtes Shuttle aufzusuchen. Meiner Aufgabe während der Fahrt, die mittlerweile nur noch an einer Seite hängende Mikrowelle zu arretieren, werde ich leider nicht gerecht. Der Erkenntnis, dass die Mikrowelle offenkundig linksseitig nur mittels Klebeband am Schrank befestigt war (!) folgt mangels verbliebenem Klebeband (2 Rollen kleben ja schon an der Dachluke!) keine Eingebung einer realisierbaren Lösungsoption. Es bleibt nur zu hoffen, dass die zwei rechtsseitigen Schrauben trotz hin- und herschwingender Mikrowelle auf den verbliebenen 200 Meilen nicht herausbrechen.

Der Wechsel von Wohnmobil auf Shuttle verläuft in der Folge reibungslos und Sophia ist nach einer 15-minütigen Rüttelfahrt äußerst enttäuscht, dass selbige bereits zu Ende ist. Ich dagegen bin froh, meine eingeklemmten Beine wieder zu spüren, da ich natürlich hinter dem einzigen nach hinten geklappten Sitz Platz genommen habe. O-Ton Sophia im Shuttle: "Zum Glück ist das bei mir nicht so mit dem Sitz."

Die Wanderung ist für sich genommen wenig spektakulär, aber herrlich abgeschieden, ruhig und vergleichsweise einsam. Außerdem überqueren wir erstmalig eine Nationalparkgrenze zu Fuß.


Nach knapp zwei Stunden Wanderung durch Wälder und Hochebenen, die wir mit der Planung einer Prinzessinnenfeier, dem Backen eines Mäusekuchens sowie der Verarztung der verbrannten Zunge einer naschenden Fledermaus verbringen, erreichen wir schließlich den Observation Point.


Tatsächlich ist hier glücklicherweise relativ wenig los und wir halten uns entspannte 50 Minuten auf, bevor wir uns an den Rückweg wagen. Dieser verläuft ähnlich unproblematisch wie der Hinweg mit Ausnahme eines Moments, an dem Sophia erwartungsvoll ihre Idee kundtut, einen Toten auszubuddeln und Lisa anmerkt, dass dies in der Realität wohl verboten sei. Aus irgendeinem Grund bricht für Sophia damit eine Welt zusammen und dicke Tränen kullern über ihre Wangen. Erst nach 20 Minuten kann sie sich wieder beruhigen und alles geht wieder seinen gewohnten Gang. Warum Sophia sich so sehr danach sehnt, eine Leiche auszuscharren, bleibt in der Folge ungeklärt.

Das Shuttle bringt uns jedenfalls wohlbehalten wieder zurück zu unserem Wohnmobil, wo erneut eine Enttäuschung auf Sophia wartet. Obwohl sie so tapfer mitgewandert ist, darf sie keine Brezeln naschen, weil sie angibt, noch immer ein klein wenig Bauchschmerzen zu haben. Zwar flunkert sie nach Verständnis des Zusammenhangs "Bauchschmerzen = keine Brezeln", mehrfach, sie habe nun keine mehr, auf direkte Nachfrage gelingt es dem kindlichen Geist aber nicht, die Lüge aufrechtzuerhalten. Stattdessen räumt sie stets - erst verärgert und später betrübt - ein, dass ihr doch noch etwas der Bauch drücke.

Die anschließende Fahrt in den Zion National Park ist aufgrund einsetzenden Regens bei gleichzeitigem Sonnenschein spektakulär schön, doch zur Vermeidung einer Intensivierung der mangels Brezelverzehrs schlechten Laune Sophias, verzichten wir darauf, anzuhalten, um die glitzernden Sandsteinfelsen zu fotografieren. Immerhin die nachfolgende fast 2 Kilometer lange Fahrt durch den Zion-Mount Carmel Tunnel kann die Stimmung etwas heben. Kurz vor 17:00 Uhr kommen wir schließlich im Visitor Center an, entscheiden uns aber unerklärlicherweise dafür, zunächst den Gift Shop aufzusuchen, um Sophia ein blödes Stoffhäschen zu kaufen, sodass bei Verlassen des Stores das Visitor Center geschlossen ist und wir ohne Junior Ranger Booklet dastehen.

Also fahren wir zum Campground, halten nochmal Sophias Füße ins Matschwasser, lassen zwei Pizzen verbrennen, entzünden ein Feuer, von dem wir erfolglos erwarten, dass es bald wieder erlöschen wird, und nutzen schließlich das nun endlich wieder akzeptable mobile Internet, um die ausstehenden Blog-Beiträge zu veröffentlichen.





Donnerstag, 29. September 2022

Tag 27 - Freude und Leid

Das Frühstück verlegen wir heute mal wieder nach drinnen, denn unser Campingplatz ist recht hoch gelegen und daher ist es morgens noch frisch. Danach geht es direkt los zu unserem ersten Tagesziel, dem Cedar Breaks National Monument. In der ursprünglichen Planung dieses Urlaubs für 2020 war es noch als Zwischenziel vorgesehen, bei der finalen Route war es nun eigentlich nicht mehr Planungsbestandteil. Da wir jetzt aber einen halben Tag gewonnen haben und in der Nähe sind, nehmen wir die Chance für einen Besuch doch noch wahr. Der Weg führt uns weiter nach oben, durch weite Waldflächen, wo stellenweise schon wundervolle Herbstfärbungen der Bäume zu bestaunen sind. Irgendwann tut sich inmitten dieser Wälder eine Abbruchkante auf, die den Blick auf bunte Felsen und Lehmtürme freigibt. Wir machen eine kurze Wanderung zu einem Aussichtspunkt, solange das Wetter mitspielt.


Leider nimmt die Bewölkung dann wie angekündigt zu, aber mehr als diesen kurzen Abstecher hatten wir hier ohnehin nicht geplant. Wobei, den Junior Ranger nehmen wir natürlich noch mit! Das Booklet fordert zum Glück nicht allzu viel und so füllen wir nach der kurzen Wanderung bei einer Pause im Wohnmobil das Heft aus und sammeln noch schnell ein wenig Müll auf, damit sich Sophia ihr Abzeichen verdient.

Auf dem weiteren Weg in Richtung Süden gibt es unterwegs Mittagessen in einem örtlichen Restaurant. Hier jagt Sophia uns einen kleinen Schreck ein, weil sie plötzlich starke Bauchschmerzen bekommt. Das kennen wir von ihr sonst nicht, aber nach ausgiebigem Trost und einer ausgedehnten Pause im Bett (es regnet sowieso gerade) ist alles wieder gut. 

Nach diesem kleinen Intermezzo brauchen wir wieder etwas Aufmunterung, die wir am frühen Abend an unserem zweiten Tagesziel, den Coral Pink Sand Dunes bekommen. Der State Park überzeugt mit wundervollen orangenen Sanddünen, die im Abendlicht rosa leuchten. Für Sand ist Sophia ja immer zu begeistern und so beschließen wir nach Bezug unseres Campingplatzes, den Dünen kurz Hallo zu sagen, bevor wir duschen und uns anschließend den Sonnenuntergang hier ansehen. So ist zumindest anfangs der Plan, aber uns und vor allem Sophia gefällt es so gut, dass wir erst wieder am Wohnmobil ankommen, als es schon dunkel wird. Bis dahin wird im Sand gerannt, gemalt, gewandert, fotografiert und getanzt.

Nach fast dreistündigem Toben im Sand sind alle so richtig ausgepowert - ob das eine gute Idee war angesichts der langen Wanderung, die morgen auf dem Plan steht, wird sich zeigen. Nun müssen wir uns aber ranhalten, denn alle sind hungrig und wir müssen nach dieser Aktion noch dringender duschen als ohnehin schon. Außerdem muss das Wohnmobil gelevelt und gekehrt, aufgeräumt und Geschirr abgespült werden; Sophia will auch noch Ausmalen und eine Gute-Nacht-Geschichte und und und...

Als alles so halbwegs erledigt ist und wir endlich auf dem Weg ins Bett sind, machen wir eine schreckliche Entdeckung: Bodo-Marika ist weg! Es vergehen bestimmt 20 Minuten, in denen wir mehrmals das komplette Wohnmobil absuchen und den Tag rekapitulieren. Die einzige mögliche Erklärung ist, dass wir sie beim Abholen des Junior-Ranger-Abzeichens im Cedar Breaks National Monument abgelegt haben, als Sophia selbst einen Stempel in ihr Buch machen durfte, und wir sie dort dann liegen lassen haben. Das gibt's doch nicht! Sophia verfolgt das Ganze zwar interessiert und wiederholt, dass wir sie nur dort vergessen haben können, aber die Konsequenz, dass die Fledermaus jetzt zum Schlafen nicht da ist, dringt irgendwie nicht zu ihr durch. Also erkläre ich es ihr nochmal und es gibt bittere Tränen! Am liebsten möchte ich mitweinen, weil mir Sophia einerseits so leidtut und es mich andererseits so ärgert, wie uns das passieren konnte. Wir versprechen, dass wir gleich morgen früh im Visitor Center anrufen und fragen, ob sie sie gefunden haben. Sophia schläft irgendwann traurig ein und wir besprechen noch, dass wir übermorgen einen insgesamt dreistündigen Umweg nach Cedar Breaks einlegen könnten, um Bodo-Marika abzuholen. Das macht natürlich nur Sinn, wenn man uns morgen am Telefon mitteilt, dass sie gefunden wurde... Und obwohl der Tag heute ja hauptsächlich aus schönen Momenten bestand, steckt er mir echt in den Knochen und ich werde wohl schlecht schlafen können.

Tag 26 - Arztbesuche

Wir wachen zum zweiten und letzten Mal auf unserem schönen Campingplatz in Fruita auf. Sophia hat direkt gute Laune, als sie von ihrem Fenster im Alkoven aus die Hirsche entdeckt, die wieder in aller Ruhe vor unserem Wohnmobil grasen. Nach einem gemütlichen Frühstück und dem Erwerb weiterer leckerer Küchlein machen wir uns auf die etwas längere Fahrt nach Escalante, wo wir zur Mittagszeit ankommen. Die Suche nach einem geeigneten Lokal für unser Lunch gestaltet sich zunächst schwierig, da die ersten beiden Kandidaten dienstags geschlossen haben. Bei Nummer drei haben wir aber Glück und treffen zu unserer Überraschung sogar auf eine deutsche Bedienung.

Im Anschluss fahren wir zu unserem vorgebuchten Campingplatz, auf dem wir aber nicht übernachten wollen. Klingt unlogisch? Ja, auf den ersten Blick vermutlich schon. Wir sind unserer ursprünglichen Planung mal wieder einen halben Tag voraus, da wir im Little White Horse Canyon ja (unbeabsichtigt) viel schneller waren als gedacht und daher am Abend noch die Wanderung im Grand Wash gemacht haben, die eigentlich erst für den Folgetag gedacht war. In der Folge haben wir gestern schon unsere für heute Vormittag geplante Wanderung abgehakt und die mögliche Alternative vor Ort war aufgrund gesperrter Straßen dann eben doch keine Alternative. So kommt es, dass wir schon kurz nach dem Mittag an unserem Campground ankommen, der aber nur Beschäftigung für höchstens 2 Stunden bietet. Aber immerhin haben wir dafür bezahlt, also stellen wir uns auf unsere Site (haben wir gut ausgesucht!) und verbringen eine schöne, entspannte Stunde am See direkt am Escalante Petrified Forest. Die Sonne scheint, es ist ruhig und das Wasser eine angenehme Abkühlung - ein herrlicher Zwischenstopp!


Nach einer Stunde reicht es uns aber und wir verlassen unseren Campingplatz wieder, um weiter in Richtung Red Canyon, einem Teilgebiet im Dixie National Forest zu fahren. Hier haben wir Glück und finden noch eine schöne Site auf dem Campingplatz, wo wir erstmal unseren Kuchen am Picknicktisch vertilgen. Frisch gestärkt starten wir dann zu einer kleinen, aber steilen Wanderung, die direkt am Campground beginnt und uns hinauf auf die roten Lehmhügel führt. Hier spazieren wir über den Hügelkamm, was spektakulär aussieht, aber mit unserem ruhigen, besonnenen Kind kein Problem darstellt.

Da auch ein ruhiges, besonnenes Kind manchmal etwas "Nachhilfe" braucht, was das von den Eltern erhoffte Verhalten anbelangt, bekommt Bodo-Marika bei unserer Pause oben am Aussichtspunkt Zahnschmerzen und muss zum Zahnarzt. Sophia geht voll in der Geschichte auf und erklärt ihr nochmal ganz genau den Sinn der Zahnpflege. (Anmerkung: Später am Abend wird es beim Zähneputzen die gleichen Diskussionen geben wie immer.) Trotz der erforderlichen zahnärztlichen Behandlung haben wir aber einen herrlichen Abend hier oben. Und weil Arztbesuche scheinbar so viel Spaß machen, bekommt die Fledermaus auf dem Rückweg auch noch Bauchschmerzen und eine Erkältung und muss daher erst zum Baucharzt und anschließend zum Hustenarzt - Christophs vorhergehende Aufzählung von Ärzten wie Gastroenterologen, Gynäkologen, Urologen etc. wurde nämlich von Sophia mit einem "Nein, Papa! Ärzte, die ich auch kenne!" abgewählt. Nebenbei bleibt aber auch noch mehr als genug Zeit, die von der Abendsonne beschienenen Felsen zu bestaunen.

Mittwoch, 28. September 2022

Tag 25 - Narumol

8. Gastbeitrag:

Nach einem überraschend kühlen Frühstück begeben wir uns heute einmal zu Fuß zum Trailhead, der sich praktischerweise in unmittelbarer Nähe unserer Übernachtungstätte befindet. Während der Durchquerung des Campingplatzes treffen wir erst auf einen dicken Truthahn, dann auf einen frechen Hirsch, der uns zunächst den Weg versperren will, sich dann aber in Folge meiner eleganten Pirschversuche doch glücklicherweise umentscheidet.
Anschließend kämpfen wir uns zahlreiche Serpentinen nach oben Richtung Cohab Canyon. Unglücklicherweise hat Sophia ihren Nörgeltag und an allem etwas auszusetzen. Erst ist es ihr zu heiß, ohne Jacke dann zu kalt, dann zu anstrengend und ohnehin ist alles doof. Nach einem gepflegten väterlichen Anschiss, gefolgt von mütterlichem Trost läuft sie dann aber den Rest des Weges als glücklicher Berglöwe weiter.


Der Pfad schlängelt sich zunächst durch den namensgebenden pittoresken Canyon und führt anschließend zu zwei feinen Aussichtspunkten. Durchaus empfehlenswert und auch nicht allzu überlaufen.




Nach unserer Rückkehr kaufen wir zwei sehr leckere Küchlein im zum Park gehörenden Gifford House und vertilgen diese binnen weniger Minuten. Anschließend entspannen wir aufgrund der hohen Temperaturen erst einmal für zwei Stunden auf unserem idyllischen Campingplatz. Unglücklicherweise besteht der Großteil meiner Entspannungsphase indes darin, das kitschige Bild einer Meerjungfrau nach konkreter Anweisung zu colorieren.

Sodann düsen wir ins Visitor Center, holen das Junior-Ranger-Booklet ab und erfahren, dass die Straße zum für morgen angepeilten Wanderweg geschlossen ist. Der auf alle Fragen mit den Schultern zuckende Ranger ist da keine große Hilfe. Immerhin kann das freie WiFi am Visitor Center für Planänderungen genutzt werden.

Danach starten wir am späten Nachmittag noch eine kurze, aber durchaus stolperträchtige Wanderung zur Hickman Bridge, während der Sophia und Bodo-Marika unter Präsentation ihrer Wildnis-Kenntnisse um das Amt des besten Junior Rangers wetteifern.



Bei Rückkehr zu unserer Campsite müssen wir leider feststellen, dass diese bereits von einem weißen Pkw blockiert wird. Da anzunehmen ist, dass dieser zu der völlig verpeilten Rentner-Community auf der benachbarten Groupsite gehört, stapfe ich hinüber und weise auf den Missstand hin, worauf sich die Missetäterin auch sofort zu erkennen gibt. Leider Gottes bleibt mein Erscheinen auch der Stimme des Teufels nicht verborgen, die uns bereits gestern aus einiger Entfernung die Ohren bluten ließ. Wie aus dem Nichts hechtet von links eine asiatisch-stämmige Mitcamperin aus dem Rentnerpulk und kreischt wie eine heisere Harpye mit Stimmenverzerrer immer wieder stakkatoartig "Fiffti-Fo, fiffti-fo". Für Trash-TV-Liebhaber: Der Klang ist in etwa mit der Stimme Narumols aus der berühmten Landwirt-Dating-Show vergleichbar, soweit diese schreiend ein Megafon an meinem Ohr benutzen würde. Völlig irritiert ob dieser trommelfellzerreißenden Darbietung gelingt es mir unter Aufbietung meiner verbliebenen Kräfte, darauf hinzuweisen, dass unsere derzeit blockierte Campsite die Nummer 53 trägt, aber Narumol hört einfach nicht auf die immer gleichen Laute zu kreischen. Zum Glück folgt mir nunmehr die sich als Fahrerin bekennende Camperin und parkt nach kurzer Überprüfung des Offensichtlichen ihr Fahrzeug kurzerhand auf eine andere fremde, derzeit unbesetzte Site um, während ich Narumol aus einiger Entfernung noch immer zetern höre. Dankenswerter Weise sind die Rehe hier offensichtlich taub, denn sie lassen es sich trotz des Geschreis nicht nehmen, uns anschließend doch noch zum Abendbrot zu beehren. 


Traumhaft!

Tag 24 - Die unendliche Geschichte

Nachdem wir die letzten beiden Tage so früh aufgestanden sind, lassen wir es heute wieder etwas ruhiger angehen. Zwar haben wir eine längere Wanderungen geplant, aber ausschlafen (bis etwa um 7) ist trotzdem drin. Nach einem ruhigen Frühstück und einer Fahrt von wenigen Meilen stehen wir am Trailhead zum Little White Horse Canyon, einem Slotcanyon. Theoretisch ist eine Rundwanderung von bis zu 13 Kilometern denkbar, aber das haben wir nicht unbedingt vor. Wir sind zwar für eine längere Wanderung ausgestattet und hoffen auf ein paar schöne Kletterpassagen für Sophia, wollen aber ansonsten einfach wieder umkehren, sobald wir keine Lust mehr haben.

Schon auf dem Parkplatz weist uns ein anderer Wanderer darauf hin, dass man am Eingang nasse Füße bekommt. Naja, damit können wir umgehen. Christoph denkt zum Glück mit und so packen wir noch schnell Badelatschen und zwei Handtücher ein - dann können wir uns vielleicht nasse Wanderschuhe ersparen. Einige hundert Meter weiter stehen wir an einem überschwemmten Durchgang, an dem andere Wanderer gerade einen Umweg über die Felswände suchen. Christoph meint sich zu erinnern, dass dies auch bei unserem letzten Besuch 2015 so war und so nehmen wir unbesorgt den offensichtlich viel begangenen Umweg und hoffen, dass wir das Problem mit den nassen Füßen damit vielleicht schon umgangen haben. (Kleiner Spoiler: Wer's glaubt...)

Kurz vor dem Eingang zum Slotcanyon treffen wir einen weiteren Wanderer, der Sophia skeptische Blicke zuwirft und anschließend meint, dass es da drin ziemlich feucht wäre. Mit Gesten deutet er an, dass das Wasser hüfthoch sei. Etwas verdattert und ob seiner trockenen Hosen ungläubig nehmen wir dies erstmal zur Kenntnis. Wer die Berichte unserer letzten Urlaube verfolgt hat, erinnert sich vielleicht, dass wir bereits eine ähnliche Erfahrung in einem anderen Slotcanyon gemacht haben (Tag 21 - Halbnackt am Straßenrand) und fragt sich womöglich, warum ich an dieser Stelle nicht längst skeptisch geworden bin. Tja, ich weiß auch nicht. Vielleicht bin ich inzwischen einfach entspannter, was solche Aktionen angeht? Und in Erinnerung bleiben sie allemal...

Wir folgen jedenfalls unbeirrt unserem Weg in den Slotcanyon und genießen diesen sehr. Es ist spannend, abwechslungsreich und dank wechselndem Schatten und Sonnenschein auch von den Temperaturen her echt angenehm.

Leider bleibt es nicht lange so einfach. Schon bald begegnen wir einer ersten Pfütze, wechseln auf unsere Badelatschen, Sophia wird kurz getragen und alle können trockenen Fußes weiterwandern. Aber nicht lange. Vor dem nächsten Wasserloch gibt es schon ein wenig Stau. Wir beobachten, wie ein Wanderer vor uns sich seinen Weg durch die dreckige Brühe bahnt und stellen fest, dass der Mann mit seiner Beschreibung zuvor nicht so ganz falsch gelegen hatte. Aber was soll's, solche Wasserabenteuer gehören für uns in Slotcanyons scheinbar irgendwie dazu, also rein da. Christoph geht erstmal vor und wir haben ja aus dem letzten Mal gelernt: Alle Taschen sind geleert, keine elektronischen Geräte mehr am Mann! Seine Vorstellung war eigentlich, dass es reicht, die Hose ganz nach oben zu krempeln. Tja, was soll ich sagen: Hat es nicht! Christoph ist schon mal nass bis zur Hüfte und trägt anschließend Sophia auf seinen Schultern durchs Wasserloch. 

Ich folge den beiden in Unterhosen, die Wanderhose wird sicher im Rucksack verstaut - bin ja nicht doof! Ewig in den nassen Sachen weiterzuwandern war beim letzten Mal das Unangenehmste an dem gesamten Unterfangen, das möchte ich gern umgehen. Für mich geht es also anschließend in trockener Hose weiter, für Christoph in nasser Unterhose. Kann man ja mal machen, gerade bei seinem Berufsstand. (Euer Ehren, bitte ziehen Sie sich eine Hose an!) 

Am nächsten sonnigen Plätzchen machen wir erstmal eine Pause und hängen unsere Sachen zum Trocknen auf. Christoph beschwert sich noch immer, dass ich die zwei kleinsten Handtücher (ich gebe zu: eins davon war unser Wischtuch, dass wirklich überhaupt kein Wasser aufnimmt) mitgenommen habe. Aber ich bin eben davon ausgegangen, dass nur die Füße nass werden. Und ja, wir und Slotcanyons: Ich hätte es besser wissen müssen. Hatten wir so jedenfalls auch noch nicht, Picknick unter nassen Schlüpfern...


Anschließend klettern wir noch etwas weiter durch den Canyon, kommen aber leider nicht mehr allzu weit. Das nächste Hindernis in Form eines mitten im Weg steckenden großen Felsbrockens überwinden wir noch, aber es folgt ein über 2 Meter hoher Stein mit tiefer Pfütze davor. Für uns sicherlich machbar (Christoph testet den Aufstieg und schafft ihn auch in Badeschlappen), aber mit Sophia ist uns das zu heikel. Immerhin müssen wir auch den selben Weg wieder zurück. Sehr schade, aber leider nicht zu ändern. Immerhin waren wir bis hierhin auch schon 2 Stunden unterwegs. Lustig war es allemal und Sophia fand es auch super.


Zurück im Wohnmobil ziehen wir uns um und machen uns auf den Weg zu unserem nächsten Tagesziel, dem Capitol Reef National Park. Unterwegs gibt es noch ein leckeres Mittagessen und schon nähern wir uns einem grünen Tal inmitten felsiger und lehmiger Hügel in allen Farben von Weiß und Gelb bis zu Dunkelrot. Da wir aufgrund der kürzer als gedacht ausgefallenen Wanderung am Vormittag nun einiges eher hier sind als geplant, peilen wir noch den Grand Wash Trail an, der eigentlich erst morgen auf dem Plan stand. Auf dem Weg dahin werden immer wieder die Auswirkungen der letzten Überschwemmungen sichtbar, sodass ich mir schon Sorgen mache, ob die Wanderung durch einen Wash überhaupt möglich sein wird, aber hier haben wir endlich wieder Glück: Der Grand Wash war offensichtlich gar nicht betroffen und ist ohne Einschränkungen begehbar.

So starten wir eine Wanderung durch das ausgetrocknete Flussbett, die die mit Abstand entspannteste im (bisherigen) Urlaub ist! Und das hat einen ganz bestimmten Grund: Sophia erzählt eine Geschichte. Und zwar nicht irgendeine Geschichte, sondern eine selbst erdachte, die von unserer Seite keinerlei (!) Mitwirkung erfordert. Sie beginnt mit Leo Lausemaus, der erst nicht einschlafen kann und später aus Puderzucker, Honig, Schnee und Sand neuen Puderzucker in seiner Schneekiste herstellt. Anschließend errichtet er gemeinsam mit seinen Eltern einen schönen Garten mit Obst-, Gemüse-, Wasser- und Sandbeeten, irgendwann werden alle verwandelt und wohnen in einem Glitzerschloss, dann müssen Diebe verjagt werden und am Ende wird von den Piraten ein böses Monster gefangen, wobei sich die unaufmerksamen Zuhörer anschließend uneinig sind, ob es ein Bär oder ein Riese war. Wie die Handlungsstränge im Einzelnen zusammenhängen, erschließt sich uns leider nicht, was vermutlich nicht ausschließlich unserer mangelnden Aufmerksamkeit zuzuschreiben ist; sicher ist aber, dass unsere Tochter geschlagene 45 Minuten ihre Geschichte erzählt und zwischendurch nicht mal zum Trinken zu bewegen ist. Am Ende ihrer Erzählung sind wir schon am Ziel unserer Wanderung angekommen und sie hat nichts von der Natur um sie herum mitbekommen, aber das macht gar nichts. Das Kind ist glücklich und wir Eltern noch viel mehr, denn neben dieser beachtlichen Leistung hatten wir mal Zeit, diese Wanderung wirklich in aller Ruhe zu genießen. Das hatte was!

Der Rückweg vergeht hauptsächlich damit, dass Sophia immer wieder bestätigt haben möchte, dass wir erstens gar nicht glauben können, dass sie sooo eine lange Geschichte erzählt hat, und dass zweitens bestimmt noch nie ein anderes Kind in ihrem Alter sich so eine tolle und lange Geschichte selbst ausgedacht hat. Das begleitet uns übrigens schon den ganzen Urlaub: Es hat auch (bestimmt) noch nie ein anderes vierjähriges Kind gegeben, dass eine so anstrengende und/oder lange Wanderung geschafft hat oder im Dunkeln mit Taschenlampe zum Delicate Arch gewandert ist... Jedenfalls ist sie sehr stolz auf sich, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sie sich nur über unsere Reaktion freut oder ihre eigene Leistung bewundert.

Wir haben so jedenfalls eine wundervolle Nachmittagswanderung, die am Ende noch von der Sichtung mehrerer Fledermäuse gekrönt wird, die vermutlich in den unzähligen Löchern der Sandsteinfelsen hausen und schon am späten Nachmittag aktiv sind. Nun wird es aber Zeit für unseren Campingplatz, der wirklich ein Traum und für den Südwesten der USA eher untypisch ist: Eine kleine grüne Oase mit großen Bäumen, Obstplantagen (der Ort heißt nicht umsonst Fruita) sowie Rehen und Truthähnen, die sich hier offensichtlich mit den Campern arrangiert haben und mitten über den Campground spazieren. Ein wundervoller Tag!

Tag 23 - Nachtwanderung

Heute stehen wir früh auf. Und zwar wirklich früh. Um 5 klingelt der Wecker und nochmal umdrehen ist nicht drin. Unser kongenialer Plan: Die Menschenmassen im Arches National Park auf der Wanderung zum berühmten Delicate Arch umgehen, indem wir die eigentliche Sunsetlocation bei Sonnenaufgang anschauen. Hat ja immerhin gestern im Devil's Garden auch super geklappt. Für die Wanderung planen wir eine reichliche Stunde plus 30 Minuten Fahrzeit, noch ein bisschen Zeitpuffer und viertel 8 geht die Sonne auf - also los, raus aus den Betten! Sophia freut sich natürlich auf die Nachtwanderung und fragt nochmal, ob wir auch die Stirnlampe mithaben; immerhin haben wir ihr die wichtige Aufgabe übertragen, uns den Weg zu leuchten. 

Noch vor um 6 kommen wir auf dem Parkplatz an und staunen nicht schlecht: Uns war bewusst, dass wir nicht die Einzigen sein werden, aber mit diesem Andrang hatten wir nicht gerechnet. Der Parkplatz ist natürlich nicht überfüllt, aber es stehen schon etwa 15 Autos und es kommen stetig mehr - und das morgens um 6, stockdunkel, Temperaturen einstellig, bei einer Wanderung zu einem Arch, der im Morgenlicht nicht mal die beste Figur macht. Die Leute sind echt verrückt! So wird aus der Nachtwanderung eher eine nächtliche Völkerwanderung und es dauert auch eine Weile, bis Sophia es so richtig spannend findet, denn es ist ganz schön kalt! Immerhin gibt es noch reichlich Sterne zu sehen und auch der Mond zeigt sich noch in Form einer sehr schmalen Sichel. Ist halt nur nicht so romantisch und abenteuerlich, wenn 5 Meter vor uns und hinter uns schon die nächsten Taschenlampen leuchten. Kurz vor der Ankunft hat dann erst Sophia keine Lust mehr und dann nehmen wir auch noch kurzzeitig den falschen Weg, weil wir - abgelenkt von Sophias Genörgel - anderen Touristen folgen, die den Weg nicht kennen.

Die Hektik war aber auch umsonst, denn als wir gegen 7 schließlich auf dem Plateau ankommen, wird zwar der Himmel schon hell, aber von der Sonne ist noch nichts zu sehen. So stehen wir da mit vielleicht 40 anderen und frieren uns den Popo ab. Ein nerviger Franzose muss natürlich erstmal seine Drohne steigen lassen, was hier verboten ist. Da lässt sich ein gedachtes "Geschieht dir recht!" nicht unterdrücken, als einer seiner Hunde beinahe den Abgrund hinunterstürzt bei dem Versuch, der fliegenden Lärmquelle hinterher zu jagen. Der war wohl auch genervt von dem Gesurre... 

Einige Zeit später geht die Sonne auf und wärmt uns wenigstens etwas. Eine weitere halbe Stunde vergeht mit Warmtanzen, Reimspielen und dem Beobachten anderer Leute. Sophia ist vor allem begeistert von einer Frau indischer Herkunft ("Guck mal, Mama, die Frau ist so hübsch!"), Christoph und ich sind hingegen auf gewisse Weise fasziniert von einer jungen Kanadierin, die "für ihre Follower" Fotos und Videos von sich vor dem Arch im Bikini-Top (!) macht und dabei aber auch jedes Klischee erfüllt. Fast ist man geneigt, sich nach einer versteckten Kamera umzusehen, weil man sich fragt, ob sich ein Mensch inmitten von Fremden wirklich derart peinlich aufführen kann. Im Gespräch mit anderen erklärt sie aber, dass ihr inzwischen nichts mehr peinlich ist. Ja, das sehen wir!

Irgendwann wird es jedenfalls wärmer und auch wenn die Sonne den Arch nicht ganz erreicht, ist die Aussicht nicht schlecht. Es bleiben trotzdem zu viele Menschen und gegen halb 9 machen wir uns auf den Rückweg mit der Erkenntnis, dass wir auch zwei Stunden länger hätten schlafen können. Naja, wir haben es wenigstens versucht!


Sophia darf sich etwas wünschen und so fahren wir nochmal zurück zum Sand Dunes Arch, wo im Sand gespielt und gehopst wird und Christoph nach eigener Aussage eine Höhle buddelt, die bis nach China reicht. Nach dem Backen toller Sandkuchen, -brote und -brötchen (die vermutlich immer noch besser schmecken als das Zeug, was es hier zu kaufen gibt) und so tollen Spielen wie "Welche verbuddelte Zehe ertastest du da gerade?" holen wir noch schnell das nächste Junior-Ranger-Abzeichen im Visitor Center ab und verlassen dann den Arches National Park in Richtung Westen.

Sophia ist nach dem frühen Start in den Tag derart müde, dass sie sogar mal während der Fahrt schläft (das erste Mal seit bestimmt zwei Wochen). Nach nur einer halben Stunde erreichen wir die Weltmetropole Green River, die in erster Linie aus 5 oder 6 riesigen Tankstellen besteht. Viel mehr gibt es hier tatsächlich nicht. Wir kaufen in einem vermeintlichen Mini-Supermarkt ein, der exakt dasselbe Angebot hat wie die Tankstellen, inklusive der überteuerten Preise. Vom Kauf des Toastbrotes sehen wir ab, da es bereits die Rostflecken des Regals übernommen hat, auf dem es seit etwa 15 Jahren zu liegen scheint. Die Bagel sehen aber noch gut aus und Wasser gibt's auch. Zum Mittagessen holen wir belegte Sandwiches bei Subway, was Sophia wenig begeistert, uns aber trotz der schlechtesten Bedienung aller Zeiten (bestehend aus Mister "Ich schlafe jeden Moment ein", Misses "Willst du *nuschel* oder *prfmpfg* auf dein Sub?" und der Kassiererin "Es könnte mir nichts egaler sein") ganz gut schmeckt.

Am Nachmittag kommen wir im Goblin Valley State Park an und fahren erstmal auf unseren Campingplatz, da es zu warm ist, um in dem sonnigen Tal herumzulaufen. Stattdessen nutzen wir die Duschen, auf die wir uns seit Tagen freuen, um endlich mal diesen verfluchten Sand loszuwerden, der sich echt überall festsetzt. Klappt nur so mäßig, aber immerhin riechen wir wieder erträglich.

Als es gegen Abend etwas abkühlt, schauen wir uns noch im Tal der unzähligen roten Steinhoodoos um, die der Legende nach versteinerte Kobolde sind. Unsere Fantasie reicht gerade noch, um mehrere Raben Socke in den Steinfiguren zu erkennen. Anschließend spielen wir Verstecken zwischen den Hoodoos, was hauptsächlich die erwachsenen Teilnehmer zur Verzweiflung bringt angesichts der schlechten Orientierung der Jüngsten unter uns. Außerdem treffen wir noch eine verrückte Gruppe feierwütiger Mittzwanziger, die in schrillen Glitzerklamotten und mit bunten Perücken und natürlich der unvermeidlichen lauten Musikquelle (vermutlich von Substanzen nicht mehr nachvollziehbarer Herkunft benebelt) durch die Wüste tanzen. Wie man darauf kommt, hier zu feiern, ist uns ein absolutes Rätsel, aber wir geben uns damit zufrieden, dass sie die Nacht nicht auf dem Campingplatz verbringen.


Zum Tagesausklang gibt es noch ein Lagerfeuer mit Marshmallows, wobei wir mal wieder feststellen müssen, dass wir dafür irgendwie nicht geeignet sind. Während andere ein Feuer entzünden und dann stundenlang entspannt davor sitzen, ist das bei uns für maximal eine halbe Stunde interessant, bis wir genug Marshmallows gegrillt haben. Die kommenden eineinhalb Stunden verbringen wir damit, dass Feuerholz durch beständiges Wedeln mit geleerten Pebbleskartons zum schnelleren Abbrennen zu bewegen (immerhin haben wir dafür bezahlt, jetzt soll das Zeug gefälligst auch bis zum bitteren Ende verbrennen), nur um dann die Reste möglichst schnell mittels Wassereimer endgültig zu löschen, damit wir endlich ins Wohnmobil und aus den stinkenden Klamotten rauskommen. Lagerfeuerromantik ist nichts für uns! 

Samstag, 24. September 2022

Tag 22 - Difficult Hiking

7. Gastbeitrag:

Heute wollen wir besonders früh aufstehen, um den erwarteten Menschenmassen auf dem angepeilten Devil's Garden Trail zu entgehen. Also schlage ich planmäßig 5:00 Uhr die Augen auf. Aus dem Stein neben mir dröhnt es auf meine Anfrage hin indes lediglich, dass ja noch die Sterne am Himmel stehen, was zugegebenermaßen der Wahrheit entspricht. Also versuche ich es 5:15 Uhr, 5:30 Uhr und 5:45 Uhr nochmal, jeweils mit dem gleichem Ergebnis. Währenddessen höre ich mehrfach losfahrende Fahrzeuge, sodass ich schon damit rechne, dass wir wohl die letzten auf dem Campground sein werden. Also springe ich um 6:00 Uhr aus dem Bett und finde zu meiner Überraschung Sophia bereits erwacht vor. Mit vereinter Kraft schaffen es in den kommenden 15 Minuten beide Damen aus ihren Betten und nach kurzer Vorbereitung stehen wir dann tatsächlich 6:45 Uhr am Trailhead.

Die Gesamtwegstrecke des Loops beträgt etwas mehr als 11 km; wir sind aufgrund der Erfahrungen der letzten Wochen aber guten Mutes. Nach 20 Minuten erreichen wir forschen Schrittes auch schon den Pine Tree Arch.

Kurz danach geht die Sonne auf


und abermals wenig später sitzen wir vor dem filigranen Landscape Arch.


Nach einer kleinen Klettereinlage auf dem Hauptweg, während der Sophia ihre zu Beginn des Weges erfundene Geschichte über ihre kürzlich verstorbene Urgroßmutter Ella, die hier einen Schatz vergraben haben soll, weiterspinnt, entscheiden wir uns für einen Abstecher Richtung Partition Arch, den wir 15 Minuten später durchschreiten.


Sodann geht es zurück auf den Hauptweg und wir folgen der pittoresken Route Richtung Double O Arch, während der ich immer wieder Zeichen in den Sand zu malen habe, die die wahlweise dazumal 2- oder 8-jährige Uroma Ella für ihre spätere Urenkelin Sophia hinterlassen haben soll.

Kurz vor Erreichen des Doppel-Felsbogens fällt Sophia dann ein, dass ihre fiktive Uroma ja erst heute morgen verstorben ist, ihr treues, fliegendes Einhorn-Haustier indes noch nichts hiervon erfahren habe und es nunmehr an Sophia ist, diesem davon zu berichten. Von der Last der damit verbundenen Verantwortung überfordert, vergisst Sophia völlig die Schatzsuche und entwirft stattdessen immer neue Szenarien, die ihr geeignet erscheinen, dem am Boden zerstörten Einhorn Trost zu spenden.

Nach Verzehr meines Müsli-Riegels lässt sich Sophia indes zumindest von einem Bild mit dem imposanten Double O Arch überzeugen, den man im Übrigen unbedingt von der Rückseite fotografieren sollte.


Anschließend backt Sophia mehrere Sand-Donuts, während wir uns über unseren frühen Aufbruch freuen, durch den wir fast allen anderen Wanderern aus dem Weg gegangen sind. Anschließend beteilige ich mich am Backlehrgang und löse einen Sophia'schen Tobsuchtsanfall aus, da mein Donut unerhörterweise viel besser gelingt. Nachdem die kleine Bäckerin nochmal allein einen Kuss-Donut backen darf, ist der Ärger indes schon bald vergessen und wir entscheiden uns dafür, den Rückweg über den längeren Primitive Trail anzutreten, der mittels Schild als "Difficult Hiking" ausgewiesen ist.

Vor dem schwierigen Kletterabschnitt dieser Route treffen wir allerdings erstmal ein paar Rehe


und statten über einen Nebenweg dem Private Arch einen kurzen Besuch ab.

Außerdem entscheidet sich Sophia vernünftigerweise dafür, noch eine riesige Wurst in den roten Sand am Wegesrand zu legen, um jegliche Störungen ihres Kraxel-Fokusses zu vermeiden. Der unmittelbar nach der Entleerung einsetzenden Buddellust aufgrund der wieder erwachten Erinnerung an die vergessene Schatzsuche muss ich indes eine Absage erteilen.

Es folgt sodann eine Passage mit einigen an sich auch für Normalbürger durchaus gut schaffbaren Klettereinlagen, die indes mit einem 4-jährigen Kind im Schlepptau durchaus Potential für ein Feuerwerk akrobatischer Kunstfiguren bieten. So überwinden wir gemeinsam in einer scheinbar nie endenden künstlerischen Darbietung, die jedwede Aufführung von Circus Roncalli wie eine Kindergartenshow aussehen lässt, Hindernis um Hindernis. Mal muss ein Kind im Spagat über eine Schlucht gehoben, mal an einer Wand entlanggeschleift und mal pirrouettierend über einen Baumstamm gewirbelt werden. Einmal mag es mir nach einer Rutscheinlage nur knapp gelingen, meinen Abstieg nicht mittels Kopfsprung zu beenden, doch am Ende geht alles gut.


Also für uns. Auf dem weiteren Rückweg, begegnen uns auch schon zwei Sanitäter, die wohl weniger begabte Artisten 
-Aspiranten aus den Felsspalten zu kratzen haben.

Wieder auf dem Campingplatz angekommen, wundere ich mich über die angenehme Stille. Dr. Brumm von gegenüber, der gestern unter Ausschöpfung der Generatorzeiten allen Mitcampern den letzten Nerv mit seinem noch zu Sonnenuntergang tuckernden Monstermobil zu rauben versuchte, ist offenkundig mit selbigem entflohen, wohl um neuen Treibstoff für seine exzessive Generatornutzung zu beschaffen. Tatsächlich taucht er erst gegen 18:30 Uhr wieder auf, natürlich mit passender Geräuschkulisse, die ihn schon lange vor seiner Ankunft gebührend ankündigt. In Wirklichkeit - so wird mir in der Folge klar - ist sein Geheimnis gar nicht die überbordende Benutzung des Generators. Dr. Brumms böser Masterplan besteht schlicht darin, stundenlang mit laufendem Motor und zur Fahrbahn ausgerichtetem Auspuff auf seinem Campingplatz zu stehen. Leute gibt es, die gibt es gar nicht.

Sei es wie es sei. Wir lassen uns den Abend nicht verderben, essen Cornflakes, malen Rätsel in den Sand und genießen zum Ausklang noch den Sonnenuntergang von den Felswänden aus. Dann geht es schnell ab ins Bett, denn morgen wollen wir noch früher aufbrechen...